Was ist eigentlich die Black List?

13.01.2017 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Was ist eigentlich die Black List?, das fragen sich auch Chris Pine und Jennifer LawrenceParamount/Sony
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Mit Hell or High Water kommt in dieser Woche ein Film ins Kino, dessen Drehbuch auf der Black List stand. Wir schauen, was es mit dieser Zusammenstellung eigentlich auf sich hat.

"Endlich einmal nur gute Drehbücher lesen", das wünschte sich im Jahre 2004 Franklin Leonard, der damals für Leonardo DiCaprios Produktionsfirma Skriptstapel nach Verfilmbarem durchforstete. Für seinen anstehenden Urlaub wollte er diesen Traum in die Tat umsetzen und bat fast 100 Kollegen, ihm eine Auflistung ihrer liebsten Drehbücher zu schicken, aus denen noch kein Film entstanden war. Das brachte Leonard nicht nur jede Menge vergnügliche Urlaubslektüre, sondern den Befragten auch eine Zusammenstellung aller ihrer Antworten. Als dieser Vorläufer der Black List  ihm während seines Urlaubs zigfach von begeisterten Menschen weitergeleitet wurde, die nicht wussten, dass er für sie verantwortlich war, dämmerte Leonard, dass er einen Nerv getroffen  haben musste.

Das Verfahren

An der zwölften offiziellen Black List-Umfrage Ende 2016 beteiligten sich mehr als 250 Führungskräfte aus dem Filmgeschäft, von denen jeder bis zu zehn Drehbücher nennen durfte, die entweder im Jahre 2016 geschrieben wurden oder "irgendwie einzigartig [mit 2016] verbunden" sind, und für die in diesem Kalenderjahr noch keine Dreharbeiten begonnen hatten. Wie in jeder Black List seit 2005 klebt auch auf der 2016er-Ausgabe der Hinweis, dass sie nicht die besten unproduzierten Drehbücher eines Jahrgangs (wie immer das auch zu messen wäre) versammelt, sondern die beliebtesten.

Das alles bedeutet nun zweierlei für die Drehbücher, wie Slate  anmerkt: Einmal müssen sie bereits ihren Weg ins Hollywood-System und auf die Schreibtische der Abstimmenden gefunden haben, andernfalls könnten diese ja keine Meinung zu ihnen haben. Die Black List sorgt also nicht dafür, dass Skripte Aufmerksamkeit bekommen, die noch niemand zuvor gesehen hat. Auch Franklin Leonard zufolge  existiert sie nicht, "um unentdeckte Talente zu entdecken"; so fanden sich auch schon Aaron Sorkin und Quentin Tarantino auf ihr. Zudem ist nicht unwahrscheinlich, dass gerade bei Drehbüchern von größeren Namen schon längst eine Verfilmung geplant ist, diese nur noch nicht im jeweiligen Jahr begonnen hat.

Die Bedeutung

Somit dürfte die Black List vor allem als Stimmungsindikator dienen, und zwar abermals auf zwei Arten: Einerseits bekommen ihre Leser rund um die Welt einen Eindruck davon, welche Vorlieben in einem bestimmten Jahr in den Büros der Teilnehmer herrschen, und welche Filme die Kinozuschauer dementsprechend in den nächsten Jahren erwarten könnten (oder zumindest, welche Arten von Drehbüchern geschrieben werden, wie Slate  einschränkt). 2016 standen zum Beispiel zahllose wahre Geschichten, mit oder ohne prominenten Personen im Mittelpunkt, auf den vorderen Plätzen. Rang eins: Ein Biopic über Madonnas frühe Jahre im Musikgeschäft.

Andererseits erfahren auch die Abstimmenden, ob sie mit ihrer Begeisterung für bestimmte Drehbücher alleine dastehen, oder ob auch ihre Kollegen bzw. Konkurrenten ähnliche Vorlieben haben. Das könnte wiederum dazu führen, dass sie sich stärker als zuvor für eine Verfilmung einsetzen, wie das Harvard Magazin  mit dem Beispiel der Sexpuppen-Tragikomödie Lars und die Frauen illustriert: Ein Stoff, der nicht unbedingt nach Verwirklichung geschrien haben dürfte, bevor er 2005 auf Platz drei der Black List landete.

Und schließlich können auch tatsächlich Regisseure, Schauspieler oder andere Filmschaffende durch die Black List auf ein Drehbuch aufmerksam werden, von dem sie bis dato noch nichts gehört hatten. So bekam Ben Affleck Wind von Argo, Benedict Cumberbatch erfuhr von The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben, wie die Washington Post  aufführt. Ob sie sie allerdings nicht auch auf einem anderen Wege entdeckt hätten, ist freilich offen.

Der Erfolg

Von den über 1000 Drehbüchern, die sich im Laufe der Jahre auf der Black List fanden, wurde bisher ein knappes Drittel tatsächlich verfilmt. Diese Filme gewannen fast 50 Oscars und konnten bei den letzten 10 Verleihungen 4 Auszeichnungen als Bester Film (darunter Spotlight und Argo), 5 für das Beste Originaldrehbuch (z. B. Juno und Little Miss Sunshine) und 5 für das Beste adaptierte Drehbuch einheimsen (etwa The Descendants und Slumdog Millionär), so die Black List-Statistikseite . Dieser Oscar-Erfolg legt aber auch schon ohne die genannten Titel nahe, dass die Drehbücher auf der Black List nicht unbedingt besonders gewagt oder abseitig in ihrer Themenwahl sind. Für jede Gummipuppen-Romanze gibt es eben auch mindestens ein herkömmliches Drama.

Ebenso garantiert eine hohe Platzierung eines Skripts auf der Black List noch nicht, dass auch ein guter Film dabei rauskommt, oder dass der Autor durch die Aufmerksamkeit anschließend für künstlerische Meisterwerke verpflichtet wird. So fand sich das Drehbuch für Passengers 2007 auf einem der vorderen Plätze, der jüngst gestartete Film schnitt allerdings weit weniger gut bei den Kritikern ab. Autor Jon Spaihts verschaffte die Platzierung schon zuvor weitere Drehbuch-Jobs, so schrieb er die erste Version von Prometheus - Dunkle Zeichen, dessen Endprodukt aber auch nicht auf ungeteilte Begeisterung stieß. Das Saving Mr. Banks-Skript von Kelly Marcel erreichte durch die Black List Aufmerksamkeit und der Film wurde wohlwollend aufgenommen, danach schrieb sie das Drehbuch zu Fifty Shades of Grey. Wesentlich besser schnitt da der diese Woche startende Hell or High Water von Autor Taylor Sheridan ab, dessen Skript sich 2012 auf der Black List fand; Sheridan schrieb danach Sicario und den kommenden Soldado.

Letztendlich dient die Black List also genau dem Ziel, das Franklin Leonard sich für seinen Urlaub vor über zehn Jahren gesetzt hat: Die beliebtesten unverfilmten Drehbücher zu finden, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Womit Leonard auch seine Absicht bei der Benennung  der Liste erreicht haben dürfte: Einerseits das Adjektiv "schwarz" mit etwas Positivem zu verbinden, und andererseits die Autoren zu ehren, die sich auf der Blacklist der McCarthy-Ära wiederfanden, wodurch sie mit Berufsverbot belegt wurden.

Welche sind eure liebsten Drehbücher?

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