Tatort - Dinge, die noch zu tun sind in Berlin

18.11.2012 - 21:45 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Tatort - Dinge, die noch zu tun sind
RBB/ARD
Tatort - Dinge, die noch zu tun sind
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Ritter und Stark suchen in Tatort – Dinge, die noch zu tun sind nach dem Mörder eines einfallsreichen Drogendealers und finden eine totkranke Mutter und Rauschgiftfahnderin.

Til Ritter (Dominic Raacke) und Felix Stark (Boris Aljinovic) sind in ihrem neuen Fall Tatort: Dinge, die noch zu tun sind (1) nicht die eigentlichen Protagonisten. Die Heldin, wenn wir sie denn so nennen wollen, heißt vielmehr Melissa Mainhard, wird von der herausragenden Ina Weisse gespielt und stiehlt den Herren der Schöpfung im Tatort ohne weiteres die Show. Die Qualitäten Weisses tünchen auch darüber hinweg, dass wir es mit einem Themenwochentatort zu tun haben (Thema: Leben mit dem Tod) und der finale Twist mehr als erzwungen wirkt.

Lokalkolorit: Die ARD-Themenwoche hätte im Grunde auch unter dem Motto ‘Das Einmaleins der Berliner Hipster-Druggies’ laufen können. Über den Lifestyle der sonnenbebrillten Söhne und Töchter aus bürgerlichem Haus erfahren wir nämlich deutlich mehr als übers Leben mit dem Tod. So lernen wir, dass sie Designerdrogen im Internet kaufen, wo sie als Haarfärbemittel verscherbelt werden, um der Illegalität zu entgehen.

Plot: Christoph Gerhard lebte von der Herstellung der Designer-Droge ‘Heaven’ (wie einfallsreich benannt!), zumindest bis ihm jemand qualvoll an einer Überdosis verrecken ließ. Drogenfahnderin Mainhard steht Ritter und Stark mit Rat und Tat zur Seite, als diese sich mit dem Milieu auseinandersetzen müssen. War es eins der gelangweilten Kids, das den Dealer umbrachte? Oder doch eher Gerhards Geschäftspartner Regler (schön schmierig: Barnaby Metschurat) und Kaminski (Gerdy Zint). Das Ableben des arbeitslosen Chemikers offenbart ein ganzes Netz von Profiteuren, die das Geschäft mit den legalen Drogen trotz des Todesfalles weiter am Laufen halten wollen.

Unterhaltung: So wirklich interessant ist diese Mörderjagd allerdings nicht und genau das scheint sich auch Autor Jörg Tensing gedacht zu haben. Sonst würden Regler und sein von vornherein höchst verdächtiger Anwalt Schädlich (!) (unterfordert: Stephan Grossmann) nicht für den Großteil des Films verschwinden, damit sich der Plot auf den zappeligen Teenie Tom (Leonard Carow) konzentriert, der zwar gern high ist, aber sowas von überhaupt nicht nach Mörder ausschaut! Gleichzeitig vorhersehbar und notdürftig zusammengeschustert wirkt deswegen jener Twist, der am Ende offenbart, dass die Drogenfahnderin selbst als Serienkillerin durch Berlin zieht und all jene um die Ecke bringt, die Kinder in die Versuchung des gefährlichen Rauschs bringen. Dass Ritter und Stark sie dann auch noch Laufen lassen, damit sie mit ihren Kids ein letztes Mal in den Urlaub föhrt, setzt dem ganzen die Krone auf.

Tiefgang: Diesen Twist zunächst beiseitegelassen, schlägt das Herz dieses Tatorts in der Brust von Melissa Mainhaird, Mutter zweiter Töchter, von denen zumindest eine viel zu schnell erwachsen geworden ist. Mainhard ist in ihre Arbeit verschossen, selbst als ihr klar wird, dass sie an einem irreparablen Krebs leidet. Mit Morphiumpflastern quält sie sich durch den Tag, lässt die Töchter im Dunkeln über ihre Krankheit und kassiert dafür die Rechnung. Dass diese Mainhard, die nur wenige Monate zu leben hat, die Zukunft ihrer Töchter mit ein paar Morden aufs Spiel setzt, will mir trotzdem nicht in den Kopf. Ohne diese Wendung (sowie den Twist im Twist in der letzten Einstellung), hätten wir es mit einem berührenden Familiendrama zu tun gehabt, was im Kontext dieses Tatorts über Kinder, die an ihren Eltern vorbeileben, durchaus genügt hätte.

Mord des Sonntags: Das Zittern, der Schweiß, die Überdosis, und im Hintergrund schleicht seelenruhig jemand durch die Wohnung.

Zitat des Sonntags: “Meine Seele ist voller Narben. Aber die Zeit heilt’s”“Und wenn man die Zeit nicht hat?”

Ein grundsolider Tatort aus Berlin, der leider ein wenig hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, war das. Oder was meint ihr?

(1) Tatort – To-Do-Liste wäre auch ein schöner Titel gewesen

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