Suzanne von Borsody über einen geheimnisvollen Sommer

27.09.2010 - 08:50 Uhr
Ein geheimnisvoller Sommer
ZDF
Ein geheimnisvoller Sommer
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Die Geschichte zu Ein geheimnisvoller Sommer ist sowohl ein Krimi als auch das Psychogramm einer Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht. Suzanne von Borsody erklärt im Interview, was sie mit der Hauptfigur des Films verbindet.

In Ein geheimnisvoller Sommer spielt Suzanne von Borsody eine Frau, die ihr Leben und die Dinge, die um sie herum geschehen, fest im Griff hat. Esther Kaufmann arbeitet erfolgreich als Fotografin, ist unabhängig und führt eine lockere Affäre mit ihrem Verleger Rolf Berghoff (Erwin Steinhauer). Plötzlich entgleiten ihr jedoch die Zügel, als ihr Liebhaber sie während eines gemeinsamen Urlaubs in den Bergen verlässt und anschließend ermordet aufgefunden wird. Esther begreift, dass Rolf ein Geheimnis hatte und sie längst nicht so gut über die Wahrheit Bescheid weiß, wie sie bisher dachte.

Was hat Sie besonders an diesem Drehbuch fasziniert?
Suzanne von Borsody: Die Geschichte einer 50-jährigen Frau, die heute, 2010, mitten im Leben steht und die genauso ist wie erfolgreiche Frauen um die 50 heute sind. Sie ist eine Frau, die es gewohnt ist, alles unter Kontrolle zu haben, gewohnt ist, zu agieren und nicht zum Reagieren verdammt zu sein. Die ein Leben führt, wie sie es haben wollte. Die ihre Freiheit, ihre finanzielle Unabhängigkeit, ihren Geliebten hat und ihren beruflichen Erfolg braucht. Deren Leben aber anfängt, sie zu langweilen. Sie weiß, es wird sich etwas verändern müssen. Sie ahnt aber nicht, wie bald und drastisch das sein wird. Der Autorin Hannah Hollinger ist es gelungen, das Psychogramm einer Frau zu schreiben. Ein Kammerspiel, in dem sich ein Krimi versteckt. Um Esthers Gedanken zu zeigen, benutzt sie den Trick der Gedankenstimme auf eine raffinierte Art. Sie lässt sie ihre inneren Zustände auf die Mailbox ihres nicht zu erreichenden Freundes sprechen.

Was war Ihnen beim Durchleben dieser Rolle besonders wichtig?
Suzanne von Borsody: Dass ich Esther mag. Ich mag sie sehr. Sie ist spröde, sperrig und zerbrechlich, ohne dass es jemand merkt. Sie will nicht und tut es trotzdem. Ich mag ihren Unmut und ihre Verwirrung, auch dass sie sich stellt, obwohl sie gehen könnte. Ihr Gespür für Falschheit. Dass sie nicht erpressbar ist und dass sie aus Erfahrung lernt. Dass sie nicht aufgibt, nicht resigniert. Ich mag ihren Humor, ihre Konsequenz und Selbstironie. Sie hat Angst davor, abhängig zu sein, und ist wütend auf ihre Verzweiflung, wenn sie feststellt, dass sie es doch ist. Auch ihren Kampf gegen die unabänderliche Änderung ihres bisherigen Lebens mag ich. Sie erkennt Stück für Stück die großen Zusammenhänge und auch das “andere Ganze”. Sie sucht nach der Wahrheit und findet viele verschiedene.

Wie haben Sie sich auf diese schwierige Rolle vorbereitet?
Suzanne von Borsody: Wie bei allen Rollen stelle ich mir als erstes die Frage “Wer ist das?”. Was sagt die Figur über sich selbst, und wie ist ihr Verhältnis zu den anderen Figuren. Was sagen die anderen über sie, wovor hat sie Angst, was liebt sie, wo liegen ihre Stärken, wo die Schwächen? Wo geriet sie aus dem Gleichgewicht und warum? Was sagt und tut sie und warum etc.? All das steht in dem Drehbuch, das ist das Gesetz. Danach erst kommt der Freiraum des Schauspielers. Der Freiraum der eigenen Entscheidung. Naja, natürlich addiert sich zu meinen Freiräumen auch noch die Entscheidung durch Regie, Kamera, Maske, Kostüm, Kollegen, Umgebung und wetterbedingte Umstände. Esther als Fotografin schafft sich ihre eigene Welt. Sie denkt, sie hat die Wahl in Perspektive, Größe, Ausschnitt eines Bildes. Stellvertretend ist das auch zu ihrer Lebensphilosophie geworden. Sie ist gewohnt, dass sie sich auf sich selbst verlassen muss. Dass sie stark sein muss, obwohl sie sich manchmal gerne anlehnen würde. Das gleiche Schema erkennt sie in dem jungen Paul (Ludwig Blochberger). Das verbindet, glaube ich, die beiden Hauptfiguren.

Wie können Sie sich privat diese emotionalen Freiräume schaffen? Fotografieren Sie voller Leidenschaft wie Esther?
Suzanne von Borsody: Ja, auch ich brauche meine Freiräume. Nun ja, es ist ja bekannt, dass ich male, und ich fotografiere zwar nicht professionell, aber oft auch als Vorlage für meine Bilder.

Auch solch herrliche Berglandschaften, wie Sie im “geheimnisvollen Sommer” zu sehen sind?
Suzanne von Borsody: Auch. Ich bin als Münchner Kindl geboren und auch hier aufgewachsen. Skifahren war ich in den Alpen oft und gerne. Hier in diesem Ort in den Chiemgauer Bergen war ich allerdings vorher noch nie. Komisch. Obwohl es nur eine Stunde von München entfernt ist. Traumhaft schön, wenn es nicht gerade ein “Wolkenregentag” ist. Die Menschen sind zauberhaft, das Essen himmlisch. Die Herbstwälder sehen so aus, als befände man sich in einem Gemälde von Bob Ross, und die Berge sind erhebend und bedrücken einen nicht. Eine echte Entdeckung!

Haben Sie mit dem Regisseur Johannes Grieser schon einmal gearbeitet?

Suzanne von Borsody: Nein. Er verschreibt sich, ähnlich wie ich, mit Haut und Haaren dem “großen Ganzen”. Ich mag die kreative, konstruktive Auseinandersetzung mit ihm, wie im Übrigen mit dem gesamten Team, bei dem bereits nach dem ersten Drehtag eine Zusammengehörigkeit spürbar war, obwohl wir uns vorher nicht kannten. Die stellt sich sonst, wenn überhaupt, erst zum Ende einer Produktion ein. Uns allen am Set war bewusst, dass diese sehr ambitionierte Produktion aus dem gewohnten Spielfilmangebot wohltuend heraussticht. Dafür hat sich die oft härtere Arbeit und Auseinandersetzung mehr als gelohnt. Auch die Unterstützung von redaktioneller ZDF-Seite und der dramaturgischen Ader von Producerin Gabriele Lohnert ist es zu verdanken, dass solch ein Stoff überhaupt realisiert werden konnte.

Ein geheimnisvoller Sommer mit Suzanne von Borsody läuft heute um 20:15 Uhr im ZDF.

Mit Material vom ZDF.

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