Sophies Abschied mit den Bären-Gewinnern

20.02.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Glückliche Bären-Gewinner bei der Berlinale 2012
Berlinale/moviepilot
Glückliche Bären-Gewinner bei der Berlinale 2012
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Alles hat ein Ende, auch die Berlinale. Zum Abschied berichte ich heute noch einmal ausführlich von der Pressekonferenz der Bären-Gewinner.

In den letzten zehn Tagen habe ich um die 30 Filme gesehen und nur etwa ebenso so viele Stunden insgesamt geschlafen. Ich schaue auf eine inspirierende, aber auch anstrengende Zeit zurück, freue ich mich aber wahrhaftig schon jetzt auf das nächste Festival, das ich unsicher machen darf.

Bärenbedingte Selbstfindungskrise
Der krönende Abschluss der Berlinale war natürlich die Preisverleihung, der ich leider nicht live beiwohnen durfte. Doch über das Internet konnte ich im Pressezentrum gebannt die Vergabe der silbernen und goldenen Bären verfolgen. Manch eine Entscheidung versetzte mich in Verzückung, so z.B. der Preis für den besten männlichen Darsteller, der an Mikkel Bo Folsgaard für seinen Part in Die Königin und der Leibarzt – A Royal Affair ging. Auch freute mich der Regie-Bär für Christian Petzold und seinen Wettbewerbsbeitrag Barbara. Dann aber stellten die Entscheidungen der Jury meine zukünftige Kritikerkarriere ernsthaft in Frage. Es hatte sich im Vorfeld bereits abgezeichnet, dass ich mit meiner kritischen Meinung zu Just the Wind ziemlich alleine stand. Dass der Film von Benedek Fliegauf nun tatsächlich den Großen Preis der Jury erhalten hat, lässt mich an meiner cineastischen Zurechnungsfähigkeit zweifeln. Auch den Gewinner des Goldenen Bären, Cäsar muss sterben, hatte ich mit dem Prädikat „mittelmäßig“ abgetan. Ich schließe daraus, dass ich entweder keine Ahnung vom Medium Film habe, oder auch eine Preisverleihung letztendlich Geschmacksache ist. Entscheidet selbst!

Biometrisches Posing und ein sexy Drehbuchautor
Die Pressekonferenzen waren eines der Highlights meiner Berlinale-Akkreditierung, daher wollte ich mir auch die wichtigste dieser Veranstaltungen nicht entgehen lassen und verzichtete am Samstagabend auf weitere Filme, um mir die Bären-Gewinner aus der Nähe anzusehen. Viele der Preisträger schauten derart unmotiviert in die Kameras, dass ein Kollege die These aufstellte, sie würden sich bei ihrem Posing an biometrischen Passbildern orientieren.

Miguel Gomes, der für Tabu – Eine Geschichte von Liebe und Schuld den Alfred-Bauer-Preis erhielt, kam mit Sektglas auf die Bühne, sah aber so gelangweilt aus, als habe er sich gerade die erste Hälfte seines Films noch einmal angesehen. Mit der Zeit taute er dann auf und bezeichnete seine Auszeichnung als „innovativen Preis für einen altmodischen Film“. Im Anschluss war Rasmus Heisterberg dran, der für das Drehbuch von Die Königin und der Leibarzt – A Royal Affair ausgezeichnet wurde. Er sieht derart gut aus, dass ich dafür plädiere, ihn nächstes Mal vor statt hinter der Kamera einzusetzen. Herrn Heisterberg in einem stillen Schreibkämmerlein versauern zu lassen, ist definitiv eine Verschwendung seines Potentials. Da er das Drehbuch gemeinsam mit Regisseur n/a geschrieben hat, wandert der Bär nun angeblich im Jahrestakt hin und her. Alternativ könnten sie ja auch zusammenziehen, schlug Rasmus Heisterberg vor. Wenn ich n/a wäre, würde ich mir das nicht zweimal sagen lassen…

Bären für den Nachwuchs und Petzolds Lebensweisheiten
Mein persönliches Highlight war der Auftritt von Mikkel Bo Folsgaard, weil ich ihm den Silbernen Bären von Herzen gönne. Wie sich herausstellte, ist Folsgaard noch Schauspielstudent. Somit gingen beide Darsteller-Bären dieses Jahr an (noch) nicht professionell ausgebildete Schauspieler. Der Preis für die beste Darstellerin wurde nämlich an die 14 Jahre junge Rachel Mwanza für ihren Part in Die Rebellin vergeben. Wie sie berichtete, kommt sie selbst aus schwierigen Lebensverhältnissen. Dass sie der Festivalrummel und die Trophäe nun ziemlich überforderten, war ihr sofort anzusehen. Einschüchtern ließ sie sich aber nicht, sondern teilte den Journalisten mit, dass sie ihre Schauspielkarriere bis zu ihrem Tod fortzusetzen gedenke.

Der einzige Gewinner, der das Bad im Blitzlichtgewitter genoss und fleißig in die Kamera griente, war Christian Petzold. Wie er selbst sagte, hatte er aber auch schon ausführlich auf seinen Regiepreis für Barbara angestoßen. Vielleicht war das auch der Grund dafür, dass er sich weigerte, die Fragen der Journalisten auf Englisch zu beantworten. Er erzählte, dass er die Auszeichnung stellvertretend für sein Team entgegennehme und versorgte mich darüber hinaus mit einer unfilmischen, aber dennoch sehr validen Information: Männer wechseln so oft ihre Partnerinnen, damit sie immer wieder dieselben Geschichten erzählen können. Danke, Herr Petzold, für diese Erkenntnis!

Freude über den Amnesty Preis und italienische Monologe
Benedek Fliegauf freute sich neben dem Jurypreis besonders über die Auszeichnung von Amnesty International. Die gesellschaftliche Relevanz seines Films Just the Wind liegt ihm ganz offensichtlich sehr am Herzen. Daher kann er wohl auch der Beschimpfung als „Gypsie ass licker“, die von einer radikalen Internetseite ausgesprochen worden war, mit erstaunlicher Fassung begegnen. Enthusiastisch waren auch die großen Gewinner des Abends Vittorio Taviani und Paolo Taviani, die für Cäsar muss sterben den Goldenen Bären erhielten. Zugegebener Maßen empfand ich diesen Teil der Veranstaltung als etwas anstrengend, da die Regisseure die Fragen der Journalisten mit minutenlangen, repetitiven Vorträgen beantworteten. Diese Informationsflut wiederzugeben, sprengt den Rahmen meines Artikels vollkommen, weshalb ich auf eine nähere Erläuterung ihrer Aussagen an dieser Stelle verzichte.

Goodbye und Auf Wiedersehen
An dieser Stelle verabschiede ich mich schweren Herzens gemeinsam mit meinem Berlinale-Tagebuch von euch. Ich hoffe, ich konnte euch einen unterhaltsamen Einblick in das diesjährige Festival vermitteln und mit interessanten Filmtipps aufwarten. Auf meinem Blog habe ich nahezu alles, was ich in den letzten Wochen gesehen habe, besprochen, so dass ihr euch dort einen guten Überblick verschaffen könnt. Vielleicht schafft es ja der eine oder andere Film in eure Vormerkliste.

Gehabt euch wohl!
Eure Sophie

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