Im Kommentar der Woche schenken wir unser Herz jeden Samstag einem eurer Kommentare auf moviepilot. Sei es an einen Film, der im Original einen wunderschön poetischen, auf deutsch aber nur einen hingeklatschten Titel hat, an ein Paar, das sich für immer in eurer Erinnerung einen Platz erspielt, eine Serie, die euch den Atem geraubt, oder eine News, die euch das Herz gebrochen hat - jeder Kommentar, den ihr sciencefiction oder Kängufant meldet, kann schon nächste Woche hier stehen.
Der Kommentar der Woche
Nur ein Film, der so schön, so warm, so bezaubernd ist wie Vergiss mein nicht! hat einen so zauberhaften Liebesbrief wie diesen hier, den Zimtmond an Clementine und Joel verfasst hat, verdient:
Um einen guten Liebesbrief zu schreiben, musst du anfangen, ohne zu wissen, was du sagen willst, und endigen, ohne zu wissen, was du gesagt hast.
- Jean-Jacques Rousseau
Liebe Clementine, lieber Joel,
Ich wollte mich entschuldigen. Entschuldigen dafür, dass ich euch
zugesehen habe. Zugesehen, wie ihr euch kennen gelernt habt, lieben gelernt
und vergessen wolltet. Einige Freunde empfahlen es mir, und so wurde ich
für einige Augenblicke, die wie im Flug vergingen, zu eurem
persönlichen Stalker. Vermutlich habt ihr mich nie bemerkt, denn ich war
so still, so leise, so unsichtbar.
Wenn ihr diesen Brief irgendwem zeigt, dem solltet ihr sagen, falls
er oder sie ebenfalls euer Stalker werden möchte, dass hier ein paar
Spoiler enthalten sein könnten.
Ich werde mir für diesen Brief Rousseaus Zitat zu Herzen nehmen und
einfach drauf los schreiben. Einfach einen Brief an euch, an euch und
eure Liebe. Es wird vermutlich so sein, dass ich einiges durcheinander
bringe, aber ihr werdet mich verstehen, da bin ich sicher.
Ich sah euch im Zug und saß direkt bei euch. Ich konnte euch belauschen – nein, ich habe euch belauscht - bei eurem wohl ersten Aufeinandertreffen. Eigentlich habe ich dich, Joel, schon dorthin verfolgt, hörte sogar deine Gedanken zum Valentinstag, dass du blau gemacht hast und so viel mehr.
Sand is overrated. It's just tiny, little rocks.
Ich sah, wie du
eine Frau in orangenem Sweatshirt sahst, immer wieder, aber sie einfach
nicht ansprechen konntest. Du warst einfach – bitte entschuldige meine
Wortwahl – zu niedlich, wie du dich, als die Frau mit den blauen Haaren
und dem orangen Sweatshirt dir zuprostete, grinsend wieder deinem Block
zugewandt hast. Du dachtest: „Why do I fall in love with every woman I
see who shows me the least bit of attention?”, und ich wollte dich
einfach nur umarmen.
Clem (Ich darf dich doch so nennen?), es war einfach zu witzig, wie
du Joel am Bahnsteig zugewunken hast. Ich hatte unbewusst sofort ein
Lächeln auf den Lippen.
Im Zug warst du es dann, die den ersten Schritt machte und Joel
ansprach. Ich war dir so dankbar dafür, dir mit deinem auffälligen
Sweatshirt und noch auffälligeren Haaren. Es war amüsant, euch bei
diesem, wie es schien, belanglosen Gespräch zuzuhören. Du, Joel, mit
deinem Nett-sein und du, Clem, mit deiner extrovertierten, sympathischen
Art.
Später im Auto, dann bei Clem in der Wohnung (ja, sogar dort war
ich), wie sie dir einen Drink machte, eure Gespräche über Heirat und
den Charles River, um dort ein Nacht-Picknick zu machen.
Später folgte ich dir noch heim, Joel. Du ließt mich nicht los und
ich fand es sehr süß, dass du Clem anriefst, als du dort warst.
Hach, du und deine Ideen, Clem. Auf dem Eis zu liegen – einfach nur
dort liegen und die Sterne betrachten. Wie oft macht man das schon? Vor
allem wie oft im Winter bei wunderbarer, kalter, klarer Luft? Genau,
außer dir macht das sicher kaum jemand. Aber ich werd es im Hinterkopf
behalten. Ich werd dir diese Idee klauen. Bitte, nimm mir das nicht
übel. Es war einfach schön euch zu beobachten. Deshalb tat ich es
weiterhin.
I could die right now, Clem. I'm just... happy. I've never felt that before. I'm just exactly where I want to be.
Und plötzlich, bei einem Blick in die Vergangenheit, wolltet ihr
einander vergessen, weil ihr nicht mehr glücklich wart. Doch wieso alles
vergessen? Eine Liebe hat Höhen, hat Tiefen, selten ist alles immer und
immer Friede, Freude, Eierkuchen. Euch bei euren Streitereien zuzusehen war furchtbar. Was ihr euch an den Kopf warft, war gemein und
verletzend.
Aber wieso habt ihr so lernen müssen, dass nicht immer alles
wunderbar ist? Ja, manchmal will man sich eben auch Ersichtliches nicht
eingestehen. Ich kenn das nur zu gut - wer kennt es nicht?, sollte ich
wohl besser fragen.
Joel, dir dabei zuzusehen, wie du nach und nach alles, was auch nur
im Entferntesten mit Clem zu tun hat, zu vergessen begannst, es brach
mir das Herz. So viele schöne Erinnerungen, so viele glückliche Momente
und auch das Leid. Denn es sind alle Erfahrungen, die uns zu dem machen,
was wir sind. Alles, jeder kleinste Moment, jede kleinste Begebenheit
kann uns ändern, wird uns ändern – selbst wenn wir es selber nicht
bemerken sollten, oder auch andere es nicht bemerken. Es kann eine so
kleine aber trotzdem wichtige (ob gut oder schlecht spielt kaum eine
Rolle, was ist schon gut, was ist schon schlecht?) Änderung sein.
Dann kam Patrick. Patrick, auf den ich eine Wut aufbaute, die sich
allerdings irgendwann in Mitleid verwandelte. Er wollte dich, Clem,
hatte sich in dich verliebt als du vergessen wolltest, wollte, dass es
dir genauso geht und wurde in seinen Worten und Taten zu Joel. Er war
jemand für dich, der er eigentlich selber gar nicht war.
Mierzwiak! Please let me keep this memory, just this one.
Doch als du, Joel, begannst, doch nicht vergessen zu wollen, einige Erinnerungen behalten zu wollen, war ich froh, so froh. Manche Dinge, an die du dann dachtest, waren einfach zu lustig. Du als Kind, und Clem, als Freundin deiner Mutter. Clem, die du dann unbedingt in deinen Erinnerungen verstecken wolltest, damit sie dir doch nicht genommen wird. – „I can't remember anything without you.“ – „Aw, that's... very sweet, but try.“ Mein Herz machte einen Sprung.
Als ich dann wieder das „Heute“ sah, ihr wieder zusammen wart und
scheinbar glücklich, bekamt ihr Post. Nein, ich meine nicht meinen
bescheidenen Brief, sondern Post von einer Angestellten des Instituts,
dass euch einander vergessen ließ. Ihr hörtet, wieso ihr euch vergessen
wolltet und ich hatte schon Angst, dass es euch wieder auseinander
reißen würde. Ich wollte das nicht, ich wollte, dass ihr euch habt.
Erst wolltet ihr alles beenden, weil ihr glaubtet, ihr würdet es eh
wieder verkacken (verzeiht meine Wortwahl, aber mir fiel einfach in
diesem Moment nichts Besseres ein). Clem, du gingst.
Doch dann bist du ihr gefolgt, Joel, und sagtest: „Wait!“ Clem drehte
sich um:” ...What?... What do you want ,Joel?” – “I don't know! I want
you to wait for just a... a while.“ Ihr habt ein wenig geredet und dann,
dann habt ihr euch entschieden es zu versuchen. Es wieder zu versuchen
einander zu lieben.
Diese 112 Minuten habe ICH euch lieben gelernt. Ihr wart wie Freunde, auf die ich mich jetzt schon wieder freue, wenn ich wieder zu eurem Stalker werden darf. Nach dem ich euch - fürs Erste, so dachte ich - in Ruhe ließ, überlegte ich kurz. Dachte nach: „Was jetzt?“ Und besuchte euch noch einmal, wurde sofort wieder zum stillen Beobachter. Bitte nehmt es mir nicht übel, dass ich euch sofort wieder auf dieser Reise beobachtete. Bitte, bitte entschuldigt. Und bitte, bitte lasst mich irgendwann wieder eure kleine Stalkerin sein.
Ich weiß, dieser Brief ist sehr lang geraten, doch würde ich mich freuen und wäre euch dankbar, wenn ihr ihn in einer ruhigen Minute lesen würdet.
Ihr seid bezaubernd. Ihr seid wundervoll. Ich wünsche euch alles Glück dieser Erde.
See you soon,
Zimty
O menschliche Liebe! Du gibst uns auf Erden schon das, was wir uns vom Himmel erwarten.
- E.A. Poe