Community

Anime-Serien im Kino - Mein Abend unter Menschenfressern Teil 2

04.04.2017 - 11:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Der Angriff der Titanen geht weiter
AV-Visionen, KAZÉ, Toho
Der Angriff der Titanen geht weiter
4
1
Letztes Jahr stürmten die Titanen unsere Kinos und drängten die Menschheit an den Rand ihrer Vernichtung. Vergangenen Dienstag, bei der Fortsetzung des Titanen-Angriffs, drohte nicht weniger als das Ende der Welt.

Die KAZÉ Anime-Night 2017 ging am 28. März in ihre dritte Runde und mit Attack on Titan 2: End of the World setzte man genau da an, wo man ein halbes Jahr vorher mit Attack on Titan aufgehört hatte. Die Menschheit wurde zusehends in die Ecke gedrängt und setzte nach einem Angriff der Titanen zum Gegenschlag an, doch einige Charaktere mussten dafür teuer bezahlen.

Attack on Titan basiert dabei auf dem gleichnamigen Manga von Hajime Isayama, der mit über 60 Millionen verkauften Bänden zu den erfolgreichsten Serien der vergangenen Jahre gehört und darüberhinaus bereits zahlreiche Preise gewinnen konnte. Auf den Erfolg des Manga folgte im Jahre 2013 eine Anime-Umsetzung von Studio Wit und Production I.G, die vergangenen Samstag in ihre zweite Season ging.


Worum geht es in Attack on Titan?

Attack on Titan Season 2 - Poster
Da ist einer... ein Titan!


In einer entfernten Zukunft beherrschen nicht mehr die Menschen die Erde, sondern menschenfressende Titanen. Die letzten Überlebenden verschanzen sich seit Generationen hinter massiven Mauern, doch eines Tages wird dieses Bollwerk von den Menschenfressern durchbrochen und durch dieses Ereignis sollen sich die Leben der drei Freunde Eren, Mikasa und Armin für immer ändern. Nach ihrer erfolgreichen Flucht vor den Titanen schließen sie sich dem Aufklärungstrupp an, um sich an den Monstern rächen und deren Geheimnisse näher ergründen zu können.

Attack on Titan konnte mich bereits als Anime von sich überzeugen und bestach dabei besonders mit seiner spannenden Geschichte, einigen Mysterien sowie seiner grandiosen Inszenierung. Der Anime hält dabei ein hohes Tempo und so mancher Charakter bezahlt den Kampf gegen die Titanen mit seinem Leben, was der ersten Staffel gerade in den intensiven Scharmützeln gegen die Menschenfresser eine enorme Spannung verleiht. Die gute Mischung aus Action, Mystery sowie Horror machte den verzweifelten Kampf von Eren und seinen Kameraden für mich somit zu einer der intensivsten Anime-Erfahrungen der vergangenen Jahre. Seinen größten Reiz entwickelt Attack on Titan dabei zweifellos durch die immer wieder eingestreuten Geheimnisse um die Titanen und die allmähliche Ausweitung der eigenen Welt; dabei bleibt einem zu jeder Zeit bewusst, dass letztendlich jeder der handelnden Charaktere sterblich ist, wodurch die Spannung über die gesamte erste Staffel hoch bleibt.


Mein Abend mit Attack on Titan 2: End of the World

Ein Soldat versteckt sich
Wir opfern unsere Herzen!


Am vergangenen Dienstag ging es für einen guten Freund und mich einmal mehr ins CinemaxX Bremen, wo wir uns bereits einige der vorherigen Auskopplungen der Anime-Night angesehen hatten. Der Saal war diesmal leider nicht ganz so gut gefüllt, wenn man die Besucheranzahl mit denen der letzten Veranstaltungen vergleicht, doch das tat der guten Atmosphäre keinerlei Abbruch. Nach einigen kurzen Trailern, unter anderem zum ersten Attack on Titan-Realfilm sowie dem Attack on Titan-Anime, startete auch endlich der Film: Anfangs bekamen wir in einer Rückblende zu sehen, was im ersten Film geschah: Die Titanen durchbrachen die Mauer, viele Menschen starben und in Protagonist Eren erwachte eine ungeheure Macht - er verwandelte sich selbst in einen Titanen. Genau dort, wo der erste Teil endete, setzt nun End of the World an: Eren wurde von seinen eigenen Leuten gefangen genommen und soll, da man in ihm eine Gefahr für die Menschheit sieht, im Rahmen einer Gerichtsverhandlung unverzüglich hingerichtet werden. Doch dazu kommt es nicht, denn ein Titan entführt Eren, ehe das Urteil vollstreckt werden kann. Während unser Held Antworten über die Welt bekommt, machen sich seine Freunde auf den Weg zur großen Mauer, um das Loch, durch welches die Titanen eindrangen, zu verschließen.

Der zweite Attack on Titan-Realfilm weiß über seine Laufzeit von circa 87 Minuten durchaus zu unterhalten, leidet in meinen Augen jedoch unter denselben Schwächen, die bereits den Vorgänger plagten - doch ich greife vor. Positiv sind wie im ersten Teil die Titanen, die herrlich gruselig designet wurden. Jedesmal, wenn die Menschenfresser erscheinen weiß man, dass einer der handelnden Charaktere dafür mit seinem Leben bezahlen könnte und wie im Manga und Anime werden die Scharmützel gegen die Titanen mit einer erbarmungslosen Brutalität inszeniert. Das Blut spritzt dabei literweise und bedeckt manchmal sogar die Kamera. Die gesamte Atmosphäre des Films ist somit sehr hoffnungslos, was durch karge Landschaften, verwitterte Ruinen und die allgegenwärtige Gefahr durch die Titanen schön unterstrichen wird. Seine Stärken kann das Studio Toho, welches hinter den Godzilla-Filmen steht, ebenfalls ausspielen und zwar jedesmal, wenn es zum Kampf zwischen zwei Titanen kommt. Diese Art von Action kommt in End of the World deutlich öfter vor und verliert dadurch, im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger, zwar etwas an Reiz, doch das raubt diesen Scharmützeln nichts von ihrer Imposanz. In manchen Momenten fühlt man sich hierbei sogar an einen Kaiju-Film erinnert, was ich persönlich wirklich toll finde. Die Inszenierung der Action, egal ob nun im Kampf Mensch gegen Mensch, Mensch gegen Titan oder Titan gegen Titan, ist immer schön choreographiert und überzeugt mit einem hohen Tempo sowie einer schönen Wucht.

Eine trostlose Landschaft
Wir haben das Ende der Welt erlebt.


Der Film erzählt eine eigene Interpretation der Geschichte des Manga, doch es gibt immer wieder kleinere Reminiszenzen an die eine oder andere Schlüsselszene der großen Vorlage. Ein Highlight hierbei ist die oben bereits erwähnte Verhandlung, in der Eren von seinen eigenen Kameraden getötet werden soll. Armin stellt sich vor seinen Freund und ersucht seinen Vorgesetzten, das Urteil nicht zu vollstrecken. Seine Rede zur Verteidigung Erens wurde dabei nahezu 1:1 aus dem Ursprungsmaterial übernommen - besonders für Fans ein toller Moment. Abgerundet wird die sehr gelungene audiovisuelle Präsentation durch den schönen Soundtrack von Shirô Sagisu, der die einzelnen Momente des Films passend untermalt. Auch die gewählten deutschen Sprecher wissen zu überzeugen und erwecken ihre Charaktere mit viel Engagement sowie großer Leidenschaft zum Leben. Die Emotionen ihrer Figuren können sie jederzeit absolut glaubhaft vermitteln, was es zumindest mir erleichterte, noch besser in diese Welt einzutauchen.

Doch leider nutzt der Film sein durchaus vorhandenes Potenzial nie zur Gänze aus. Der Film erzählt, wie bereits erwähnt, eine eigene Version der Manga-Geschichte und veränderte dabei teilweise die Hintergründe sowie Beweggründe seiner handelnden Figuren. Besonders fällt dies leider, mehr noch als im Vorgänger, bei Mikasa auf. Im Manga und Anime ist sie einer der stärksten wie fähigsten Charaktere: Sie ist willensstark, unabhängig und kampferprobt - kurz: Ein richtiger Badass. Im Film wird sie zwar ebenfalls als gute Kriegerin inszeniert, doch speziell End of the World zwängt sie in ein unglückliches Liebesdreieck mit zwei Figuren, zu denen sie keine wirkliche emotionale Bindung zu haben scheint. Sie wird zu einem hilflosen Objekt degradiert, was diesem Charakter leider absolut nicht gerecht wird. Die Antagonisten des Films wären weitere Schwachpunkte der Geschichte. Sie spielen zwar, wie der Manga und Anime, darauf an, dass die Regierung das wahre Übel in dieser Welt sei, doch ihnen wird nie sowas wie eine charakterliche Tiefe verliehen, weshalb sie letztendlich nur böse sind, weil sie, nun ja... eben böse sind. Was für einige Figuren gilt, zählt leider ebenso für die ganze Geschichte des Films, denn obwohl durchaus interessante Fragen aufgeworfen werden, etwa was einen Menschen ausmacht, gehen die Macher nie näher darauf ein. In manchen Szenen wirken die handelnden Figuren sogar äußerst debil: Einer von Erens Kameraden will seinen Freunden die Flucht vor einer feindlichen Einheit ermöglichen und versucht, einen alten Turm zum Einsturz zu bringen, um unter dessen Trümmern die Gegner zu begraben. Während der Held dabei selbstlos sein Leben aufs Spiel setzt, stehen die bis an die Zähne bewaffneten Gegner (!!!) regungslos da und warten nur darauf, von den herabfallenden Gesteinsbrocken erschlagen zu werden, anstatt ihren Mörder in spe mit ihren Maschinengewehren einfach niederzustrecken.

Im Trümmerregen
Wir wollen die Wahrheit über diese Welt erfahren!


Ein Punkt, an dem sich die Geister sicherlich scheiden werden ist, dass der Film das Mysterium um die Herkunft der Titanen auflöst. Da der Manga jedoch noch nicht an einem solchen Punkt seiner Geschichte angelangt ist, bleibt abzuwarten, inwiefern End of the World hier die "richtigen" Antworten liefert. Eren wird offenbart, das Militär habe vor langer Zeit Experimente durchgeführt, um eine neue Art von Waffe zu erschaffen. Diese konnte man jedoch nicht kontrollieren, was letztendlich zum Untergang der Welt führen sollte, wie wir sie heute kennen. Ebenfalls enthüllt wird, wieso Eren sich einen Titanen verwandeln kann. Des Rätsels Lösung hierfür liegt in seiner Kindheit und wird uns in diversen Rückblenden veranschaulicht. Apropos Rückblenden: Davon gibt es im Film eine ganze Menge und zwar tatsächlich so viele, dass ich mir während der Kinovorstellung die Frage stellte, wieso ich mir den ersten Film überhaupt angesehen habe, wenn mir dessen Geschichte nun noch einmal in komprimierter Form erzählt wird. Deshalb fühlt es sich manchmal so an als hätte man etwas voneinander getrennt, was nicht voneinander hätte getrennt werden dürfen, denn beide Filme hätte man gut und gerne auch als ein einzelnes Kinoerlebnis veröffentlichen können. Zudem wirkt es durch die vielen Rückblenden so, als weigere sich der Film auf eigenen Beinen stehen zu wollen. An dessen Ende wurde sogar noch ein weiterer Film angedeutet, der durchaus interessant werden könnte - doch bis jetzt wurde dieser noch nicht offiziell angekündigt.

Attack on Titan 2: End of the World ist ein Film mit aus fragwürdigen Beweggründen agierenden Charakteren sowie einer ebenso debilen, mit Plot holes übersäten Geschichte. Der Film traut sich zu wenig und nutzt sein zweifellos vorhandenes Potenzial leider nie zur Gänze aus. Dennoch ist der Film in meinen Augen definitiv kein Totalausfall, denn die Atmosphäre der Vorlage wird grandios transportiert, die deutschen Sprecher liefern hervorragende Arbeit ab und speziell die Titanen sind das klare Highlight dieses Films. Wenn man über die Schwächen im narrativen Bereich hinwegsehen kann, dann dürfte man mit diesem Film sicherlich seinen Spaß haben :)

Nach etwas mehr als anderthalb Stunden ging somit leider auch dieser launige Kinoabend zu Ende. Doch bereits am 25. April geht die KAZÉ Anime-Night in ihre nächste Runde, denn dann entführt uns Genocidal Organ in einen düsteren Anti-Terror-Krieg.

Habt ihr Attack on Titan 2: End of the World ebenfalls gesehen und falls ja, wie fandet ihr den Film?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News