Warum Ant-Man gerade jetzt so wichtig für das MCU ist

28.07.2018 - 09:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Ant-Man and the WaspWalt Disney
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Ant-Man and the Wasp wirkt auf den ersten Blick wie ein merkwürdiger Nachfolger zu Avengers 3: Infinity War. Tatsächlich hätte der Film aber kaum zu einem besseren Moment im Marvel Cinematic Universe erscheinen können.

Achtung, Spoiler zu Avengers 3: Inifinity War und Ant-Man and the Wasp: Die Verwüstung, die Avengers 3: Infinity War im Marvel Cinematic Universe angerichtet hat, ist auch Monate nach dem Kinostart noch spürbar. Ein Cliffhanger, wie er in der Geschichte des Franchise einmalig ist: Mit einem Fingerschnippen hat Thanos (Josh Brolin) das halbe Universum ausgelöscht. Nachdem sich so viele Superhelden wie noch nie in einem Marvel-Film auf der großen Leinwand versammelt haben, war es die womöglich unscheinbarste Geste, die alles zum Einsturz brachte und für sprachlose Gesichter sorgte. Zweieinhalb Stunden lang lieferten die Russo-Brüder mit dem dritten Avengers-Klassentreffen pures Spektakel, ehe vernichtende, unerträgliche Stille übernahm. Die Veröffentlichung einer gut gelaunten Fortsetzung wie Ant-Man and the Wasp wirkt in Anbetracht dieses Dämpfers geradezu taktlos. Tatsächlich könnte das Timing aber kaum besser sein.

Vom Avengers-Spektakel in den subatomaren Raum

Bei all den Dingen, die es an der Konstruktion des Marvel Cinematic Unviverse als dominierendem Franchise in Hollywood zu bewundern wie fürchten gibt, ist das Timing stets eines der erstaunlichsten. Das fängt bei der entschlossenen und vielleicht auch größenwahnsinnigen Ankündigung von drei Phasen mit bis zu zehn Filmen an und streckt sich bis hin zum Wagnis, einen Superhelden-Blockbuster wie Black Panther unerschrocken in den Februar zu legen, wo für gewöhnlich nichts zu holen ist am Box Office. Darüber hinaus gestaltet sich der Aufbau der einzelnen Phasen durchdacht, insbesondere im Hinblick auf das belohnende Verkuppeln zuvor eingeführter Figuren und Handlungselemente, dem Staffelfinale einer Serie gleichend. Um etwaigen Müdigkeitserscheinungen entgegenzuhalten, erweist sich das Abmischen der Größenverhältnisse als Schlüssel in der nun zehnjährigen MCU-Geschichte.

Ant-Man and the Wasp

Bereits in Phase 2 war dem Team um Kevin Feige klar, dass nicht nur der Aufbau eines epischen Endkampfes entscheidend ist, sondern ebenso die Klärung der Frage, wie es nach dem dem vorläufigen Höhepunkt weitergeht. Ausschließlich in Superlativen zu denken, kann einem Franchise mit dermaßen hoher Veröffentlichungsfrequenz (inzwischen sind es drei Filme pro Jahr, wobei sich diese drei Filme dieses Jahr auf lediglich sechs Monate verteilen) schaden, da früher oder später Abnutzungserscheinungen auftreten. Die unermüdliche Event-Beschallung verträgt das Publikum nicht, denn dann fühlt sich alles irgendwann gleich an. Deshalb wählt Ant-Man and the Wasp bewusst den größtmöglichen Abstand zu seinem MCU-Vorgänger und entgegnet der Gigantomanie des Infinity War sprichwörtlich auf subatomarer Ebene, während durch die Pym-Technologie am laufenden Band die Größenverhältnisse des MCU infrage gestellt werden.

Ant-Man and the Wasp wiederholt ein erfolgreiches Manöver

Zugegeben, neu ist dieser geschickte Schachzug nicht. Im Gegenteil: Das MCU wiederholt einen Erfolg aus der eigenen Vergangenheit, denn bereits der erste Ant-Man-Film positionierte sich als bewusster Gegenentwurf zum überlebensgroßen Weltenretten in Marvel's The Avengers 2: Age of Ultron. Wo eben noch ein kompletter Landstrich aus der Erde gerissen wurde, wird nun Thomas, die kleine Lokomotive zur jener drohenden Gefahr auf dem Boden des Kinderzimmers. Abseits der zweifelsohne vorhandenen Situationskomik im Hinblick auf Ant-Mans Schrumpfeffekte erweist sich der Perspektivenwechsel als wertvolle Geheimwaffe, um nicht bloß die Handlung des Films voranzutreiben, sondern ebenfalls die Entwicklung des Filmuniversums, in dem sie sich abspielt, zu reflektieren und wenn nötig auf den Kopf zu stellen. Es muss nicht gleich Thanos vor der Tür stehen, damit es im MCU endlich um etwas geht.

Ant-Man and the Wasp

Ant-Man and the Wasp fokussiert sich auf eine tragische Familiengeschichte, in der Scott Lang (Paul Rudd) eigentlich selbst nur eine Nebenfigur ist. Die Suche nach Hanks (Michael Douglas) Frau und Hopes (Evangeline Lilly) Mutter treibt als Motor die Handlung voran, die sich alleine durch ihren Schauplatz (San Francisco) aus dem verbleibenden MCU auskoppelt und eine Verschnaufpause nach den globalen Geschehnissen von Avengers 3: Infinity War gewährt. In Ant-Man and the Wasp passt alles, was das Herz begehrt, in ein Labor - und praktischerweise lässt sich dieses Labor in einen kleinen Trolley verwandeln. Nach ausufernden Mission am anderen Ende des Universum ist die Welt plötzlich wieder kompakt und überschaubar. Verlust und Schmerz existieren aber auch hier und stecken dermaßen tief, dass eine Reise zum Kern des Familienkonflikts nicht nur auf metaphorischer Ebene von Nöten ist.

Das Schicksal des kleinen Mannes im Marvel Cinematic Universe

Die Konzentration auf den kleineren Rahmen macht Ant-Man and the Wasp im großen Gefüge des MCU trotzdem nicht überflüssig. Stattdessen ist es genau ein Film wie dieser, der die Vernetzung der Filme innerhalb des Franchise am spielerischsten ausnutzen kann. Klar, die Avengers-Filme dürfen sich über all den angestauten Erwartungen freuen, die sich in aufregenden Zusammenführungen explosionsartig entladen. Ant-Man and the Wasp zehrt dafür von den Überresten von The First Avenger: Civil War und erinnert sich an Ereignisse, die im Vergleich zu Avengers 3: Infinity War unwichtig wirken, schlussendlich aber deutlich größere Auswirkung auf den kleinen Mann haben. Abseits von Tech-Gigant Iron Man, Super-Patriot Captain America und Göttersohn Thor verkörpert Scott Lang im MCU diesen kleinen Mann, der zwar die Ambition zum Helden besitzt, schlussendlich in der Mid-Credit-Szene aber genauso kalt vom eingangs erwähnten Fingerschnipp erwischt wird wie all die anderen ahnungslosen Erdenbürger.

Wie habt ihr Ant-Man and the Wasp nach Avengers 3: Infinity War wahrgenommen?

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