Lethal Weapon - Das Buddy-Cop-Reboot im Serien-Check

06.11.2017 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
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Die Serie Lethal Weapon erzählt die Geschichte der Kino-Buddys Riggs und Murtaugh neu. Nur wird der solide Pilot die Serie wahrscheinlich auch nicht vor ihrer kompletten Entbehrlichkeit bewahren können.

Update: Diesen Artikel haben wir bereits zur Erstausstrahlung von Leathal Weapon bei FOX in den USA veröffentlicht. Ab heute ist die Serienversion der Actionreihe bei Amazon Prime in Deutschland abrufbar. Es folgt die angepasste Version des ursprünglichen Artikels.

Beide Detectives treten in einer Parallelmontage, die sie sich brüderlich teilen, mit Narben versehen in den Lethal Weapon-Piloten ein. Auf Riggs' (Clayne Crawford) Smartphone-Display knirscht ein Sprungnetz über einem Bild seiner Frau, die auf dem Weg zu ihrer Entbindung von einem Truck von der Straße gedrückt worden war. Riggs hatte bei einem Einsatz in der texanischen Wüste geweilt. Samt Blumenstrauß und beseeltem Vaterlächeln im Krankenhaus angekommen, hält er dort nicht eine neue Kleinfamilie in den Armen, sondern muss zusehen, wie über seine Frau das Leichentuch gebreitet wird. Das erste hingegen, was wir von Murtaugh (Damon Wayans) sehen, ist eine lange Bypass-Narbe. Er hatte sich zuviele Sorgen und zuviel Stress gemacht. Mit grauem Bartschatten wird er zurück im Revier freudig von seinen Jungs begrüßt. "Welcome back Murtaugh... I thought you are dead." Aber Murtaugh ist wieder auf den Beinen, scheinbar, er scherzt und lacht, bis ihm ein gewisser (abwesender) Martin Riggs als Partner zugeteilt wird, für den er "den Babysitter spielen soll."

Für einen elaborierteren Informationsaustausch fehlt die Zeit, denn ein Banküberfall in Downtown L.A. erfordert die Anwesenheit des frisch aus der Reha entlassenen Roger Murtaugh. Der Blutdruckmesser am Handgelenk schlägt dort angekommen gehörig nach oben aus, als die ersten Schüsse fallen. Das Messgerät piept, wenn die Herzfrequenz besorgniserregende Geschwindigkeit erreicht. Seinen neuen Partner Riggs, der ihm noch viele dieser Ausschläge bescheren wird, sieht Murtaugh unterdessen nur von hinten, als dieser gerade buchstäblich lebensmüde mit einem Pizzastapel beladen in die Bank hineinspaziert und so cool, wie es nur jemand kann, der nichts zu verlieren hat, die Geiselnahme auflöst. Die Bank explodiert und ein 1980er-Jahre-Schriftzug verrät uns, dass die Serie, deren vollgestopftes Intro wir gerade gesehen haben, Lethal Weapon heißt. Es ist gut geschrieben dieses Intro, die Stimmung stimmt, die Optik auch, nur die Schauspieler sind, da der überhitzte Fernsehmarkt gerade nicht allzu viel her gibt, uncharismatisch und gerade noch passabel. Trotzdem: von hier an kann es eigentlich nur bergab gehen.

Doch wer bis hierhin geschaut hat, ist ja eigentlich schon sehr weit gekommen. Kaum einer der in dieser Pilot-Season startenden Serien wird die Daseinsberechtigung derart einhellig abgesprochen wie Lethal Weapon. Es scheint die Serie nur zu geben, da bei der immerhin vier Filme zählenden Reihe eine Kino-Fortsetzung mit der Originalbesetzung mal so richtig ausgeschlossen ist, Danny Glover spätestens jetzt zu alt für den Scheiß ist und Mel Gibson nun wirklich niemand mehr sehen will. Pläne zu einem Kino-Reboot mit etwa Chris Hemsworth als Martin Riggs wurden eingestampft. Aber da selbst durchschnittlicher Stoff wie Rush Hour bei dieser hohen TV-Produktionsrate nicht in Ruhe seinen TV-Wiederholungs-, VOD-Verwertungs- und DVD-Grabbeltisch-Lebensabend genießen darf, musste auch mit Lethal Weapon irgendwas passieren. Und sei es eben eine unter bestmöglichen Bedingungen von Warner Bros. produzierte und von Fox seit dieser Woche ausgestrahlte Fernsehserie, auf die eigentlich niemand gewartet hat, die jetzt aber irgendjemand sehen muss. Es tut zumindest nicht weh, ihr mal eine Chance zu geben. Ehrlich.

I'm just in a place in my life, where I don't want to be the cowboy anymore [Übers.: Ich bin zu alt für diesen Scheiß].

In Ruhe lernen sich Riggs und Murtaugh kennen und wir Riggs und Murtaugh, als sie zum nächsten Tatort gerufen werden, der, wie bislang jeder Drehort, von goldener kalifornischer Sonne beschienen wird, die in dieser Serie wohl auch in einer Leichenhalle strahlen würde. Man fühlt sich wohl bei Lethal Weapon. Jordana Brewster, die Riggs' Therapeutin spielt, kennt diesen Look aus Fast & Furious. Ihren ersten gemeinsamen Tatort untersuchen Riggs und Murtaugh, die bis dahin kaum drei Worte miteinander gewechselt, aber eine Explosion überstanden haben, noch während die Anfangs-Credits auf Schulterhöhe aufblenden. Wahnsinn, was so ein 45-minütiger Pilot einer Serie, die quasi von ihrer ersten Minute an um ihr Fortbestehen bangt, in 12 Minuten alles zu erzählen vermag. Danach dann das Erwartbare: Seichte Ermittlungen und Wortgefechte und viel schnelle Action. Lethal Weapon ist weder eine besonders gute Krimiserie, Actionserie oder Comedy, nichts Halbes, nichts Ganzes und in den einzelnen Disziplinen höchstens noch okay. Das war auch schon bei der Filmreihe so, die vor allem wegen ihrer Buddy-Elemente berühmt war. Das gleiche gilt jetzt für die Serie, nur eben auf einem bedeutend niedrigerem Niveau. Wem will man hier einen Vorwurf machen. McG, im Zweifel immer McG, werden jetzt manche sagen, aber Lethal Weapon ist durchaus souverän inszeniert. Der Regisseur McG ist bei Lethal Weapon da, wo er hingehört.

Was passierte sonst noch so?

Eine Verfolgungsjagd auf einer Rennstrecke, unter Wettkampfbedingungen also, nur mit Schießerei und einem Riggs, der sich seinen wohl demnächst obligatorischen haarsträubenden Stunt nicht nehmen lässt. Geschwindigkeit und Herzfrequenz steigen auf jenseits der 170 km/h bzw. bp/m. Der böse Junge entkommt trotzdem und Riggs und Murtaugh haben nichts in der Hand und dürfen sich am Ende des Tages die erste Standpauke von Captain Avery anhören, gespielt von, interessant, Kevin "Smiley Face " Rahm. Aber so eine Standpauke gemeinsam über sich ergehen lassen, das schweißt zusammen und eine Verfolgungsjagd auf einer Rennstrecke sowieso. Nach einer kleinen Kabbelei nehmen beide am Abend schon ein gemeinsames Essen in Murtaughs Heim ein, wo Riana Murtaugh (Chandler Kinney) einige No-Go-Themen anschneidet ("Do you have any Kids?; [...] But you are married?"). Und danach menschelt es endlich und Riggs darf sogar den süßen Murtaugh-Säugling halten. Wenn dessen stolzer Vater jetzt sagt, "We make a terrible team", ist das schon ironisch gemeint. Probleme gibt es trotzdem. Riggs ist zwar ein gewitzter Bruder Leichtfuß, seine Suizid-Gedanken wird er aber auch zum Ende des Piloten nicht los. Riggs wird Murtaugh brauchen. Riggs wird Murtaugh auf Trab halten, und in der Beziehung zwischen Murtaugh und Riggs liegt auch das einzige Erzählpotential einer, das ändert der okaye Pilot nicht, überflüssigen Serie, die wohl das nächste Reboot sein wird, das von der derzeitigen Wucht des Marktes unbesungen zerdrückt wird.

Habt ihr euch eine Lethal Weapon-Serie gewünscht?

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