Ihr zweifelt am Deutschen Film? Schaut Oh Boy!

18.05.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
"I saw a film today oh boy..."
moviepilot/X-Verleih
"I saw a film today oh boy..."
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Jetzt hört mal alle her! Der Kommentar der Woche erklärt euch, warum Jan Ole Gersters Oh Boy einer der besten Filme der letzten zwölf Monate ist, und das deutsche Kino lebt und sehenswert ist.

Im Kommentar der Woche möchten wir jede Woche eure größten Kommentare auf der Bühne moviepilots feiern. Die Voraussetzungen dafür können beinahe alle koffeinhaltigen Kommentarkreationen erfüllen, denn wir haben Kaffee in allen Größen und Geschmacksrichtungen – ob er entkoffeiniert oder laktosefrei ist, ob er mit Extraschaum oder einem Donut aus biologischem Anbau zum Sonderpreis daherkommt, oder einfach nur ein extrem teurer Pappbecher ist: Wenn euch ein Whitevanniladecafmoccachinospresso-Kommentar besonders gut gefallen hat, schreibt mir einfach eine Nachricht. Auf einen Kaffee lassen wir uns gern einladen :)

Der Kommentar der Woche
Bandrix ist für uns mit Tom Schilling in Oh Boy durch das Hauptstadtlabyrinth geschlendert und zeigt euch Verächtern deutscher Filmkost daher den Stinkefinger:

Jetzt hört mal alle her!
Alle, die sagen, Deutsche könnten keine Filme machen. Das deutsche Kino ist tot und jeder deutsche Film einfach nur langweilig, grottig und auf Gutdeutsch gesagt SCHEIßE. Dass dieser Standpunkt vollkommen überholt und falsch ist, ist nicht erst seit gestern offensichtlich. Ich halte euch hiermit den Stinkefinger vor die Augen. Und dieser Stinkefinger heißt: ‘Oh Boy’.

Hierbei handelt es sich um das Erstlingswerk des Regisseurs Jan Ole Gersters. Eine fantastische Reise in das Leben eines Mittzwanzigers in Berlin, der jegliche Motivation irgendwas zu erreichen, verloren hat und nur vor sich hin lebt. Mal trifft er sich mit seinem besten Kumpel, mal trifft er eine Frau und doch umklammert ihn stets der Mantel der Perspektivlosigkeit. Was mache ich hier? Wie sieht die Zukunft aus? Warum? Wieso? Weshalb? All das beschäftigt Niko, kongenial gespielt von Tom Schilling. Er weiß nicht wohin mit sich selbst, seinen Platz in der Welt hat er noch nicht gefunden.

Wir begleiten ihn einen Tag in seinem Leben. Dort begegnet er vielen Menschen. Alle mit ihren Eigenartigkeiten, alle irgendwie skurril und doch aus dem realen Leben gerissen. Das Besondere daran ist, dass sie alle, trotz mal mehr, mal weniger Screentime, tatsächlich Leben einverleibt bekommen. All die Personen, die Niko auf seiner Reise trifft, wirken echt. Vom enttäuschten Vater (Ulrich Noethen ist fantastisch!), über den einsamen alten Mann in der Bar (Martin Gwisdek) und die Beinahe- Freundin (Friederike Kempter ganz stark!).

Dabei hat ‘Oh Boy’ nicht einmal eine stringente Story. Seine Faszination erhält der Film allein von seinen Darstellern, den punktgenauen und realistischen Dialogen und dem besonderen Flair Berlins, das sich aus den Schwarzweißbildern ergibt. Die Kamerarbeit tut ihr Übriges dazu. ‘Oh Boy’ ist ein Film der mehr über das Leben sagt, als so viele Filme, die es vor ihm versuchten. Er fängt die Perspektivlosigkeit Nikos und seiner gesamten Generation perfekt ein.

Mal traurig, melancholisch, dann wieder heiter und sorgenfrei-unbekümmert. ‘Oh Boy’ ist ein Portrait einer Generation, die droht, sich zu verlieren. An alle Zweifler des deutschen Films. Schaut euch ‘Oh Boy’ an und verstummt. Dieser Film gehört nämlich zum Besten, das der deutsche Film in letzter Zeit hervorgebracht hat und landet in den Bestenlisten 2012 unter Garantie sehr weit vorne.
Ich brauch jetzt erstmal einen Kaffee…

Den Kommentar findet ihr übrigens hier.

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