Scream - Die Revolution des totgelaufenen Slashers

23.10.2018 - 08:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Scream - Schrei!
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Mitte der 1990er-Jahre führte Wes Craven das totgelaufene Slasher-Subgenre in eine neue Zeitrechnung. Das clevere Spiel mit Zitaten und innovativem Meta-Humor bedeutete zugleich den Beginn der ironischen Horror-Welle.

Mit Beginn der 1990er-Jahre hatte der Slasherfilm seinen Zenit längst überschritten. Das Subgenre des Horrorfilms, das von John Carpenters Halloween - Die Nacht des Grauens 1978 maßgeblich geprägt wurde, manövrierte sich über die 1980er-Jahre hinweg in eine Sackgasse. Die Filme stellten beinahe nur noch müde Abwandlungen der altbewährten Slasher-Regeln dar oder waren der 2., 3. oder 4. Teil einer schier endlos fortgeführten Horror-Reihe. Im Rahmen unserer Horror-Monats Angst, Schrecken und Panik blicken wir jedoch nicht einfach nur auf den kläglichen Verfall des Subgenres, sondern auf den Zeitpunkt, an dem der Slasher eine furiose Renaissance in abgewandelter Form erfuhr.

Der kommerzielle Höhe- und gleichzeitig vorläufige Endpunkt des Slasherfilms

Die 1980er-Jahre waren die goldenen Jahre des Slasherfilms, diverse Slasher-Reihen und deren Horror-Bösewichte eroberten ihr Publikum. Der massive Erfolg von Halloween - Die Nacht des Grauens sorgte für eine Flut an ähnlichen Subgenre-Vertretern, die von dem massiven Boom profitieren wollten, den John Carpenter mit seinem gerade einmal ungefähr 325.000 Dollar teuren Film auslöste. Neben zahlreichen Beispielen wie Blutiger Valentinstag, Muttertag oder Brennende Rache war das goldene Slasher-Jahrzehnt von Fortsetzungen geprägt, die zur Halloween-Reihe oder zur ebenfalls überaus populären Freitag der 13.-Reihe gehörten. Zusätzlich erhielten auch länger zurückliegende, einflussreiche Werke wie Blutgericht in Texas und Psycho noch einmal Sequels.

Freitag, der 13. Teil 4 - Das letzte Kapitel

Nichtsdestotrotz war der kommerziell vorläufige Endpunkt des Slasherfilms noch im selben Jahrzehnt erreicht. Als Slasherfilme Ende der 1980er-Jahre an den Kinokassen deutlich weniger Gewinne einfuhren und die generelle Kino-Auswertung aufgrund der stetigeren Verbreitung über Direct-to-Video-Produktionen auf dem Videomarkt zurückging, war die goldene Ära des Slasherfilms noch vor dem Erreichen der 1990er-Jahre zu Ende.

Die ironische Wiederauferstehung des Slasherfilms durch Scream von Wes Craven

Mit einem Telefonanruf, bei dem eine mysteriöse Stimme die junge Frau am Hörer nach ihrem Lieblingshorrorfilm fragt, beginnt Scream von Wes Craven. Was folgt, ist die ebenso unterhaltsame wie beängstigende Eröffnungssequenz eines innovativen Slashers, der dem zuvor längst totgeglaubten Subgenre schlagartig wieder neues Leben einhauchte. Bereits im Auftakt legen Craven und Drehbuchautor Kevin Williamson die Karten auf den Tisch, mit denen sie die bewährten Slasher-Spielregeln zerlegen, durchmischen und neu anordnen sollten.

Scream - Schrei!

Aufgrund des Meta-Humors von Scream in Verbindung mit der notwendigen Ernsthaftigkeit läutete Craven eine neue Ära des ironischen Slashers ein, in der sich fortan unzählige Nachahmer einen Platz suchen wollten. Unerreichbar ragt der 1996 veröffentlichte Auftakt dieser neuen Horror-Welle jedoch bis heute über die Konkurrenz hinaus. Neben dem wohl fiesesten Marketing-Schachzug seit Psycho, der Drew Barrymores Figur schon nach nur knapp 15 Minuten das Leben kostete, obwohl ihr Gesicht zuvor groß auf dem Poster prangerte, wohnt Scream frühzeitig eine Unberechenbarkeit inne, die sich Craven und Williamson für den restlichen Film weiterhin zunutze machten.

Dabei sind die potenziellen Opfer des maskierten Ghostface-Killers keine abgenutzten Genre-Stereotypen. In Scream haben die Highschool-Teenager stattdessen sämtliche Filme gesehen, in denen sie normalerweise selbst vorkommen, und können das Regelwerk des Genres teilweise auswendig heruntersprechen. Dass ihnen dieses Meta-Bewusstsein am Ende trotzdem keinen entscheidenden Vorsprung gegenüber dem Killer verschafft, ist ein Merkmal, das Cravens Film deutlich von der reinen Parodie abhebt. Alleine aufgrund der bloßen Existenz von Scream ist ein Film wie Scary Movie von vornherein überflüssig. Als humorvolle Verbiegung und Brechung des Slashers, die trotzdem unentwegt von gnadenlos spannenden und brutalen Toden geerdet wird, ist Scream der ultimative Horror der Postmoderne, in dem Zitate und Verweise auf die eigene Herkunft voller Hingabe ausgestellt sowie aufs Korn genommen werden und schließlich in neuem Kontext doch noch zur Anwendung kommen.

Scream - Schrei!

Die ironische Slasher-Welle nach Scream

Der Erfolg von Scream führte zu einem neuen Aufschwung des Slasherfilms, dem eine regelrechte Welle an ähnlich gelagerten Streifen mit einem Fokus auf ironische Untertöne und Meta-Humor folgte und die vorwiegend junge, angesagte Darsteller im Cast beinhalteten. Neben Filmen wie Ich weiß was Du letzten Sommer getan hast oder Düstere Legenden war die ironische Slasher-Welle schließlich abermals von zahlreichen Fortsetzungen älterer Filme geprägt. Zu diesen gehörten unter anderem Sequels wie Halloween H20: 20 Jahre später und Chucky und seine Braut. Auch Wes Craven selbst gab diesem Trend nach und ließ auf Scream insgesamt 3 weitere Teile der Reihe folgen.

Mit Beginn des neuen Jahrhunderts hatte die Übersättigung durch diese ironische Slasher-Welle bereits einen Höhepunkt erreicht. In einem Independent -Artikel aus dem Jahr 2000 schreibt der Autor anlässlich der Veröffentlichung von Scream 3 über das Dilemma eines Horror-Kinos, dessen schelmische Attitüde zwischen unzähligen Referenzen und Meta-Gags er neben neueren, vollkommen ernsthaft angelegten Genre-Vertretern wie Blair Witch Project in Frage stellte. Mit dem angekündigten Niedergang der ironischen Slasher-Welle sollte er Recht behalten. Gerade Scream 3 lässt sich gewissermaßen als Höhe- sowie logischer Endpunkt dieser Subgenre-Strömung bezeichnen. Der Film, in dem sich die Überlebenden aus den vergangenen beiden Teilen an einem Filmset versammeln, um ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten, war durch das Spiel mit geradezu unüberschaubar vielen Realitäts- und Meta-Ebenen an schwindelerregender Raffinesse nicht mehr zu überbieten.

Wie steht ihr zur ironischen Slasher-Welle ab den späten 1990er-Jahren?

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