Bullyparade? Der Film? Warum eigentlich nicht.

19.08.2017 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Bullyparade - Der FilmWarner Bros.
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Bullyparade - Der Film läuft seit diesem Wochenende in den Kinos. Gewartet hat niemand auf ihn. Wir haben eine Theorie, weshalb er trotzdem entstehen konnte.

Bullyparade - Der Film, auf den wir gewartet haben, seit wir das erste Mal von ihm gehört haben (die meisten also jetzt), ist seit gestern in den Kinos. Wie aber entstand Bullyparade - Der Film? Welche Ideen und künstlerischen Ideale befeurten seinen kreativen Prozess? Wollte Bully mit Bullyparade - Der Film das deutsche Kino aufrütteln? Ist er ein radikales Auteur-Statement, das sich um Zuschauerwünsche einen Dreck schert? Sollte Bullyparade - Der Film der Toni Erdmann für diejenigen werden, die Toni Erdmann für eine Sahnepudding-Sorte halten? Nein, es war alles ganz anders. Wir waren beim Spatenstich der Wiederbelebung eines Comedy-Zombies dabei - sagen wir, als Schlossgespenst.

Christian Tramitz sitzt in seiner Wohnung und schaut sich die Erzählsequenzen alter How I Met Your Mother-Folgen an, ein Smartphone, das vorher ein blaues Schwein war, vibriert neben ihm, unbekannte Nummer.

Herbig: Mensch, Christian, ich bin es.

Tramitz: Michael? Ohne Dialekt und stereotypen Tunteneinschlag in der Stimme hätte ich dich ja fast nicht erkannt!

Herbig: Und, sitzt du fest im Sattel?

Tramitz: Ach, alles super. So eine ARD-Vorabend-Serie in der Hinterhand ist schon was Feines. Bin mit der Gesamtsituation zufrieden.

(Schmunzeln sich durchs Telefon zu.)

Herbig: Du, hör mal, hier ist so ein Typ von Amazon, der hat einen Haufen Geld dabei und weiß nicht, wohin damit. Er sagt, er will nicht gehen, bevor ich ihm nicht den Grundriss irgendeines Films präsentiert hab. Muss nichts Dolles sein. Er nimmt auch den größten Schwachsinn, sagt er. So läuft das wohl bei denen. Haben die mit dem Schweighöfer und seiner Serie auch so gemacht. Hauptsache, sie können irgendein bekanntes Gesicht auf die Produktion pappen. Das ist für den deutschen Markt angeblich DAS Verkaufsargument.

Tramitz: Weißt du, ich fühle mich mit dieser Krimi-Serie hier echt wohl, damit kann ich alt werden. Kennst du Forsthaus Falkenau? Das läuft schon ewig... Sowas will ich auch.

Herbig (unbeirrt): Der Typ von Amazon sagt, wir müssen da auch gar nicht viel Mühe reinstecken. Eine Idee, die sich nostalgisch bewerben lässt, wäre halt gut. Liegt gerade im Trend sagt er, Zeitflucht, die Erinnerung an bessere Zeiten. Komm doch einfach ein paar Tage rum.

Tramitz (einknickend): Woran denkst du denn?

Herbig: Bullyparade?

Tramitz: Der Film?

Herbig: Warum eigentlich nicht. Moment... Amazon sagt, ist super. Daumen hoch.

Tramitz: Aber der Til sagt, die deutschen Kritiker würden einfallslosen, dreimal verdauten und wieder aufgewärmten filmischen Brechdurchfall, der Fördergelder verschwendet und die Zuschauer für dumm verkauft, immer so unfair runterschreiben.

Herbig: Sowas sagt der? Na, dann zeigen wir den Kritikern den Film einfach nicht.

Tramitz: Das meint der Til auch. Und dann hat er noch irgendwas von Craft und Kunst, Materie gesagt, und dann hat er nur noch laut geschrien.

Herbig: Oder wir schneiden da ein paar Kritikerschatten auf die Leinwand und schmeißen sie spielerisch aus dem Film. Sowas wie ein Metawitz, der die vierte Wand durchbricht. Hat Deadpool auch gemacht und vor dem knien die Zuschauer nieder. Das nimmt den Kritikern den Wind aus den Segeln. So nach dem Motto, die verstehen einfach keinen Spaß, Zwinker Zwinker.

Tramitz: Und worum soll es gehen?

Herbig: Ich hab doch diese Kiste hier im Keller mit den alten Bullyparade-Witzen, die uns für die Show damals zu schlecht waren. Da könnte ich ja mal reinschauen. Moment... Der Amazon-Mensch sagt, ist geil.

Tramitz: Ich glaube, bei Constantin liegt auch noch ein Drehbuch zu Traumschiff: Surprise Periode II - Jetzt erst recht! rum.

Herbig: Wenn wir jetzt noch irgendwas zu Lissi und der wilde Kaiser zusammenklauben, wird ein Schuh draus.

Tramitz: Ein Schuh des Manitu!

(Schmunzeln sich durchs Telefon zu.)

Herbig: Und da das mit den bekannten Gesichtern angeblich so gut funktioniert beim deutschen Publikum, können wir ja auch ein paar Star-Auftritte wahllos einstreuen. Der Schweighöfer hat für solche Anlässe einen eigenen Helicopter im Vorgarten stehen und würde bestimmt auch den Til gleich mitnehmen.

Tramitz: Hast du eigentlich schon mit Rick gesprochen?

Herbig: Rick ist die ganze Zeit hier und hört gebannt zu. Er wohnt bei mir. Erledigt Dinge im Haushalt, spricht mit witziger Stimme, verkleidet sich, du kennst ihn.

Tramitz: Grüß schön. (Überlegt) Vielleicht brauchen wir noch was Aktuelleres...

Herbig: Sicher? Ich dachte immer, die Leute lachen am liebsten über das, worüber sie schon in ihrer Kindheit gelacht haben. Über Witze, die sie schon kennen. Ich will die Zuschauer auch nicht mit vielschichtig geschriebenen Gags überfordern.

Tramitz: Der Theaterkurs der städtischen Gesamtschule Schweinfurt hat mir letztens ein Skript für eine Django Unchained-Parodie zukommen lassen. Taugt was, ist aber politisch vielleicht etwas heikel.

Herbig: So schlimm kann es ja nicht sein.

Tramitz: Naja, dieser befreite Sklave, der Schwarze, der ist da eine Handpuppe und sein Kopf ein brauner Lederball...

Herbig: Zum Totlachen!!

Tramitz: Er spricht mit hoher Stimme und will sich von Dr. King Schultz emanzipieren.

Herbig: Ich kann es mir bildlich vorstellen. Das ist Comedy-Gold.

Tramitz: Ossiwitze gehen auch immer. Damit kann das deutsche Publikum was anfangen. Hier kommen alle zusammen. Aber was ist mit einer Geschichte, die das alles verbindet?

Herbig: Der Amazon-Typ sagt, sie stellen keine hohen Ansprüche und ich bin da jetzt auch nicht so pingelig. Also, wenn es für dich ok ist?

Tramitz: Läuft.

(Kurze Pause)

Herbig (nachdenklich): Das ist dann aber wirklich mein letzter witziger Film. Als die mich zu Buddy gezwungen, wollte ich eigentlich schon aussteigen.

Tramitz: Kannst du denn überhaupt ernste Rollen spielen? Das hat doch bei Hotel Lux auch schon nicht gekl-

Herbig: Ach, leck mich doch am Arsch.

Tramitz: Ja, wie denn!?

Schmunzeln sich leise durchs Telefon zu. Stille Übereinkunft. Bully legt auf und nickt dem Amazon-Menschen beschämt zu.

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