Community

„Once upon a Time in … Hollywood“ – Retro, Charles Manson und Hommagen-Overkill

22.08.2019 - 07:00 Uhr
Farbenfrohes Filmposter.
Sony-Pictures
Farbenfrohes Filmposter.
0
0
Stuck in the Middle with him. Mit seinem neunten Streich tut es Autorenfilmer Quentin Tarantino schon wieder: die Meinungen über sein Machwerk klaffen in mancher Hinsicht weit auseinander, dennoch verfügt der Film – auf eine beinah schon unerklärliche Weise – ein hohes Maß an Eigenständigkeit. Der Quentin ist schon ein Schlitzohr, nicht wahr? Warum „Once upon a Time“ gar nicht sein neunter Film ist, wie er es vermag, Publika auf der ganzen Welt zu triggern und weshalb es nützlich sein kann, sich ein paar Western zu Gemüte zu führen, könnten Sie hier erfahren.

So diffizil das Gesamtkunstwerk dieses Mannes aus Knoxville auch einzuordnen sein mag, zweierlei haben dessen Filme immer gemeinsam: sie sind ein verrückter Mix aus knapp hundert Jahren Filmgeschichte und die Geister scheiden sich an ihnen. Verrückt eben. Vielleicht war dies selten so zutreffend wie auf seinen neuen, den angeblich neunten Film des Regisseurs, doch ist das lediglich die halbe Wahrheit, denn sein tatsächlich erster Film My Best Friend's Birthday (Ende der 80er) gilt als unvollendet und ist wohl partiell verbrannt. Womöglich besser so, ein großartigeres Debüt als Reservoir Dogs ist augenscheinlich kaum vorstellbar. Abgesehen davon wirkte er bei zahlreichen Streifen in belangvoller Funktion mit, etwa als Drehbuchautor oder Produzent, darunter absolute Knaller wie True Romance , Killing Zoe sowie From Dusk Till Dawn.


Ja, ich muss wahrhaft konstatieren: Once upon a Time ist sperrig, irgendwie ungewöhnlich (für einen Tarantino), beinahe zahm, dezent wirr und ohne rechten roten Faden. Die Liebe und Passion, die der Kumpel von Robert Rodriguez dem B-Film, dem Kino und Fernsehen der 1960er und speziell dem Italowestern angedeihen lässt, wird nicht jeder und jede mögen, begeistert aufnehmen, mitsamt Enthousiasme teilen. Und dennoch: das Ganze liegt wieder einmal im Detail. Klar, auf den ersten Blick kann sich nur allzu leicht Enttäuschung einstellen. Sieht man unter die Oberfläche, fallen einem Dutzende Kleinigkeiten auf, die einfach herrlich sind und zum Nachdenken anregen. Die Optik ist außergewöhnlich. Der Soundtrack, bei einem solchen Film nicht von geringer Bedeutung, ist durchaus gelungen, im Grunde ein Potpourri aus Stücken jener Zeit, mal mehr, mal weniger bekannt, ganz sowie es dem Nerd Tarantino entspricht. Als Fan schlug mein Herz bei Out of Time von den Rolling Stones höher.


Ein wesentliches Problem des Filmes ist womöglich seine Zugänglichkeit. Dies gilt hauptsächlich in Bezug auf den Western/Italowestern und wie er mit Once upon a Time in Verbindung steht. Nehmen wir Brad Pitts Rolle zur Illustrierung heraus (Spoiler): aus Sicht der Gattung stellt dieser den eigentlichen Helden dar, sozusagen den Clint Eastwood, wenn auch nicht mit Poncho und flink gezogenem Colt, stattdessen mit Bluejeans, Pilotenbrille und Seitenscheitel, womit er am Ende, nach getaner Arbeit, nach der Eliminierung des Bösen, zwar nicht in den verdienten Sonnenuntergang reitet, jedoch ebenso die Szenerie verlässt. High Noon um Mitternacht. Eine Pointe, die vor allem dann aufgeht, wenn eine gewisse Vertrautheit mit den Mechanismen dieses Genres vorhanden ist, sonst: nicht immer leicht zu konsumieren, wie die Zigaretten, die hier ununterbrochen geraucht werden (filterlos!). Und nur ein Effekt unter vielen. Clever gemacht, Quentin.

Fazit

Tja, schwierig zu greifen, dieser Tarantino, durch und durch ist er Filmnerd und eigen. Spielt hier mit den Erwartungen seiner Zuschauer, triggert im positiven und negativen Sinne das Publikum, was bei dem einen oder der anderen zu Ernüchterung führen kann; glauben Sie das ruhig, der Autor dieses Textes weiß, wovon er diesbezüglich schreibt. Tarantino ist wohl renitent den Vorstellungen der Masse gegenüber, der Typ kocht ja seit jeher sein eigenes Süppchen, ist häufig zu exaltiert für den gewöhnlichen Filmbegeisterten, der seinen Zitatsalven nicht immer folgen kann. Wer ist schon berühmter Regisseur und befasst sich 24/7 mit Filmen? Äußerst sublim. Vielleicht ist Once upon a Time einer von diesen, die bei erneuten Sichtungen vermehrt Charme und Reiz entwickeln, zu sogenannten Aha-Erlebnissen führen, vielleicht. Wie auch immer. In einer Zeit platten und meist einfallslosen Mainstream-Kinos sollte man für einen Kerl wie Tarantino fast dankbar sein, irgendwie.






Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News