Leidenschaftliche Besessenheit - Bernd Eichinger

26.01.2011 - 09:31 Uhr
Bernd Eichinger / Dustin Hoffman bei Das Parfüm
Constantin Film
Bernd Eichinger / Dustin Hoffman bei Das Parfüm
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Gestern Abend erfuhren wir, dass der Produzent, Drehbuchautor und Regisseur Bernd Eichinger an einem Herzinfarkt verstorben ist. Wir sind erschüttert: An ihm schieden sich die Geister, aber keiner war so erfolgreich wie er.

Ein Filmproduzent muss alles im Blick haben: Er muss Initiator sein, sich ans Steuer setzen, das meiste aus seinen Geldgebern herausholen, organisieren, überwachen, kontrollieren, vermarkten. Für all diese Fähigkeiten braucht es ein gewisses Talent, die Fähigkeiten sind nur bedingt erlernbar und wer in diesem Beruf nach ganz oben kommen will, der braucht auch Charisma, Autorität, Geltungsdrang und Stärke. Es gibt nur wenige Filmproduzenten, deren Name bekannt ist, die Filmgeschichte geschrieben haben und die über ihre Filme hinaus in Erinnerung blieben, etwa ein Alexander Korda, ein David O. Selznick, ein Dino De Laurentiis, ein Carlo Ponti, ein Artur Brauner oder ein Harvey Weinstein. Bernd Eichinger, der am Montag im Alter von 61 Jahren verstarb, gehört in diese Aufzählung hinein.

Bernd Eichinger polarisierte, als Produzent und als Mensch. Zum einen besaß er einem besonderen Blick für Stoffe, die die Zuschauer in die Kinos lockten und wagte es auch, ungewöhnliche Romane, denen niemand sonst eine Chance gab, auf die Leinwand zu bringen. Jahrelang kämpfte er um seine Projekte, um Autoren und Geldgeber von seinen Ideen zu überzeugen. Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, Der Name der Rose, Die unendliche Geschichte zeugen von diesem Kampf. 15 Jahre soll der Kraftakt für Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders angeblich gedauert haben, um Patrick Süskind seine Vision schmackhaft zu machen. Sein sicheres Gespür für junge Schauspieler (etwa Til Schweiger) und Regisseure (etwa Uli Edel) hat dem deutschen Film über Jahre ein Gesicht gegeben und durch ihn fand der deutsche Film auch einen Weg, international aufzufallen. Er scheute sich nicht, deutsche Blockbuster zu produzieren, die ihre Nähe zu Hollywood in jedem Bild zur Schau trugen. Viele deutsche Stars wären ohne ihn nicht denkbar gewesen.

Bernd Eichinger galt als Mensch, der überall seinen Einfluss gelten machen musste – von der Produktion bis zum Schnitt. Er war ein autoritärer, wenn nicht gar ein diktatorischer Produzent. Aber vielleicht muss ein Produzent so sein, um nach ganz oben, um an die Spitze zu kommen. Kein Wunder, dass der Mann nicht besonders beliebt war. Entweder er wurde gehasst oder angehimmelt. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich bis zur Verleihung des Ehrenpreises der Deutschen Filmakademie im April 2010 zu jener Gruppe zählte, die eher den unsympathischen Despoten in Bernd Eichinger sah. Aber dann bedankte er sich rührend, mit Tränen in den Augen kämpfend bei seinen Kollegen für den Ehrenpreis. Hier wurde mir klar, dass trotz aller Härte im Geschäft eine Leidenschaft in dem Mann brannte, die sich immer wieder Bahn schaffen musste: Großes Kino machen in einem kleinen Filmland. Für diese manische Besessenheit, die ihn antrieb und mit der er andere antrieb, verzeihe ich ihm Flops auf den Leinwänden und verbale Ausbrüche.

Bernd Eichinger hat für das Kino gelebt, 40 Jahre lang. Das deutsche Kino hat gestern seinen Tycoon verloren.

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