Community

Heiße Lesben und wahre Freundschaft

14.10.2014 - 12:00 Uhr
Jim, Stifler und Finch: Das Spiel kann beginnen
Universal Pictures
Jim, Stifler und Finch: Das Spiel kann beginnen
1
13
"Lesben!? Geil!" Doch hinter dem schlüpfrigen Abenteuer dreier College-Frischlinge steckt auch ein tiefes Verständnis für adoleszente Sehnsüchte.

Der Sommer hatte sich gerade dem Ende geneigt, die Pubertät gerade mit voller Wucht zugeschlagen. Ein Kinobesuch und speziell eine bestimmte Szene sollten einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Es gibt ja diese Momente, in denen alles passt. Überfordert von unkontrolliertem Testosteronausschuss, den besten Kumpel als Leidensgenosse an der Seite und diese freche Komödie auf der Leinwand: Das war die richtige Zeit und der richtige Ort, magisch. Auf diese, meine neue Lieblingsszene gab es nur eine mögliche Reaktion: Lachen. Belustigt Lachen über ein einziges Gag-Feuerwerk, aber auch befreiend Lachen, weil ich mich (ausgerechnet) von dieser Szene so unendlich verstanden fühlte. Es ging nicht nur um Pointen, sondern um die ganze Situation, die mich dermaßen amüsierte, dass sich mein Vordermann irgendwann entnervt beschwerte. Die besondere, persönliche Bedeutung der Szene erschließt sich erst bei genauerer Betrachtung.

Fünf College-Frischlinge, die sich schon seit Schulzeiten kennen, fahren in ihren ersten Semesterferien zum Partyurlaub an den Lake Michigan. Es geht darum, zusammenzuhalten, auch wenn sich das Leben und die Leute ändern. Um sich die legendären Feiernächte zu finanzieren, nehmen die jungen Männer einen Ferienjob an, bei dem es eine Hausfassade zu streichen gilt. Im Haus leben zwei attraktive Frauen, die sich auffällig gut miteinander verstehen. Sind das etwa Lesben? Um Beweise zu finden, steigt einer der Männer kurzerhand in das Haus ein, als die Bewohnerinnen gerade nicht da sind. Diese kehren jedoch schneller zurück als gedacht. Die Situation gerät außer Kontrolle und nimmt überraschende Wendungen.

Es handelt sich natürlich um Jim, Kevin, Oz, Finch und Stifler in American Pie 2 – meine erste Berührung mit dem Franchise und die krönende, stimmige Fortsetzung des Originals, welches zur Jahrtausendwende eine neue Teeniefilm-Welle auslöste. Als Stifler durch das Fenster ins Haus einsteigt, folgen ihm Jim und Finch, um ihn wieder herauszuholen. Mit einem gefundenen Dildo wedelt der aufgedrehte Stifler wie mit einer Trophäe herum. Da muss sich das Trio schnellstens verstecken, denn über die verteilten Funkgeräte kommt der Hinweis, dass die Damen zurückkehren. Oz und Kevin scheitern vor der Haustür kläglich daran, Zeit zu schinden. Als die Damen im Schlafzimmer die Hüllen fallen lassen, nicht ahnend, dass sich im selben Raum drei Jünglinge verbergen, kippt die Panik in eine ganz andere Art von Aufregung.

Für einen kurzen Moment ist die Luft wieder rein, doch die Zeit reicht nicht zur Flucht – schnell in den Schrank. Dort machen sich Jim, Finch und Stifler ungeschickterweise bemerkbar, sodass sie auffliegen und die Halbnackten bitten müssen, nicht die Polizei zu rufen. Als Stifler den wahren Grund für den Einbruch preisgibt, beschließen die Frauen, ein Spiel zu spielen: „Ihr tut es – wir tun es“. Nicht nur Kevin und Oz betrachten das Schauspiel abwechselnd mit verstohlenen Blicken durchs Fenster; über die Funkfrequenz schalten sich zahlreiche Überraschungsgäste hinzu, vom einsamen Trucker bis zur Polizeiwache. So erhält die Szene eine noch viel größere Dimension und erinnert an das Webcam-Debakel aus dem Vorgängerfilm. Für die ersehnte Lesben-Action müssen die Protagonisten vor reichlich Publikum entscheiden, wie gut sie mit ihrer Sexualität klarkommen…

Die Szene besitzt alle wünschenswerten Zutaten der leichten Unterhaltung: Spannung, Witz und Sexappeal. Dramaturgisch schaukelt sie sich bis zum perfekt pointierten Ende immer weiter hoch. Die zuvor etablierten Macken und Probleme der Protagonisten stellen sicher, dass man in diesem Abenteuer ganz nah bei ihnen ist. Aber warum nun kann man sich von so einer Szene so verstanden fühlen? Wenn die Hauptfiguren bei der Erstsichtung auch noch deutlich älter sind als man selbst? Weil sie eben genau den Nerv eines Grünschnabels trifft, der sich heimlich Erotikfilme reinzieht und sich mit engen Freunden darüber austauscht. Einer, der überwältigt ist von all den Eindrücken durch das andere Geschlecht und von der ersten ernsthaften Beziehung träumt. Diese naive, jugendliche Nervosität mit all ihren Sehnsüchten spiegelt der Film beziehungsweise gerade diese Szene so wunderbar wider.

Und auch viele Jahre nach der Pubertät wecken diese Momente den Bengel im Manne, reichlich Nostalgie-Charme inklusive. Die Szene ist ein Gemeinschaftserlebnis, das fünf liebgewonnene Freunde – oder sagen wir vier Freunde plus Stifler – noch näher zusammenbringt. Wo andere eine Sex-Klamotte sehen, sehe ich eine Ode an die Männerfreundschaft. Frauenfeindlich? Mitnichten, schließlich setzen die Damen ihre Reize sehr gezielt ein und haben die Herren zu jeder Zeit im Griff. Die American Pie-Helden versuchen ja auch voller Herzblut, das andere Geschlecht zu verstehen und lernen, dass Vögeln nicht alles ist. Wie es eben zur Entwicklung dazugehört. Gerade im Zusammenhang mit weiteren Momenten des Films entfaltet diese anzügliche, grandios getimte Szene ihre tiefere Wirkung. Wenn sich die Blicke von Jim, Kevin, Oz und Finch auf der finalen Party treffen und sie sich zuprosten, ist das Bromance pur und man erkennt: Wahre Freunde werden gemeinsam erwachsen.


Hier präsentieren wir euch die Preise, die ihr gewinnen könnt und möchten uns damit auch bei all unseren Sponsoren und Medienpartnern bedanken, die sie gestiftet haben:


Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News