Es gibt eine neue Serienkiller-Serie bei Netflix, die du an einem Abend schauen kannst: Das Monster von Florenz macht einiges besser als Monster Ed Gein

23.10.2025 - 12:33 UhrVor 15 Tagen aktualisiert
Das Monster von Florenz wütet bei Netlifx
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Das Monster von Florenz wütet bei Netlifx
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Netflix kommt nicht los von den Serienkillern. Nach Ed Gein treibt Das Monster von Florenz ab heute sein Unwesen beim Streamer, wobei sich die Serie in Teilen wohltuend von den amerikanischen Monstern abhebt.

Wollte man den gesamten Fall rund um das sogenannte Monster von Florenz verfilmen, bräuchte man mehr Staffeln und Spin-offs als Dexter und Yellowstone zusammen. So viele Verdächtige, so viele Fehler der Polizei, so viele wirre Theorien hat die Mordserie hervorgerufen, die zwischen 1968 und 1985 das Umland der italienischen Renaissance-Metropole in Angst und Schrecken versetzte.

Die neue Netflix-Serie Das Monster von Florenz – nicht verwandt mit Ryan Murphys Monster-Serie über Ed Gein und Konsorten – beschränkt sich trotzdem auf vier Episoden. Sie lässt sich an einem Abend schauen, sofern man die Abendstunden mit dem inhärenten Grusel einer bis heute ungelösten Mordserie verb(r)ingen möchte.

Das Monster von Florenz ist wie eine Mischung aus Zodiac und Netflix' Monster-Serie

Dem "Monster von Florenz" werden mindestens acht Doppelmorde zugeschrieben. Jedes Mal handelte es sich um Liebespaare, die in ihren Autos auf abgelegenen Landstraßen und Waldwegen ermordet wurden. Zumeist wurden die Opfer erschossen und die Frauen zusätzlich verstümmelt. Am Anfang der Mordserie stehen Barbara (Francesca Olia) und ihr Liebhaber Antonio (Claudio Vasile), die von einem Unbekannten erschossen werden, während Barbaras kleiner Sohn auf dem Rücksitz zusehen muss. Barbaras Ehemann Stefano (Marco Bullitta) wird für die Tat verurteilt, doch seine Pistole wird nie gefunden. Wenige Jahre später werden Pärchen nach einem ähnlichen Muster ermordet – mutmaßlich mit derselben Waffe.

Der nächste Vergleichspunkt der Serie ist vermutlich David Finchers Kinofilm Zodiac - Die Spur des Killers aus dem Jahr 2007. Beide Produktionen beschäftigen sich im Kern mit einem für sie unlösbaren Geheimnis. Sie ziehen einen Teil ihrer Spannung aus der Aufreihung von Verdächtigen, einer plausibler als der andere, ohne sich festlegen zu können.

Während Fincher dies zuvorderst aus der zwischen Obsession und Frustration pendelnden Perspektive der Ermittler erzählte, verlegt sich die Serie von Leonardo Fasoli (ZeroZeroZero) und Stefano Sollima (A.C.A.B. - All Cops Are Bastards) auf die Geschichten der Verdächtigen. Jede der vier Episoden nimmt einen in den Fokus. Darin ähnelt die italienische Produktion dann doch wieder der Monster-Anthologieserie von Ryan Murphy und Ian Brennan, deren Reiz ja ebenso in den Psychogrammen der Täter begraben liegt.

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Die Netflix-Serie will nicht (!) den kompletten Fall widerspiegeln

Der inhaftierte Stefano und seine ermordete Ehefrau Barbara entwickeln sich zu einer Art rotem Faden der Serie. Die kurze Laufzeit erklärt sich nämlich dadurch, dass die Serie in den vier Episoden nur einer Spur der labyrinthischen Ermittlungen folgt. Dabei handelt es sich um die sogenannte "Sardinische Spur", die den Täter der Mordserie im Umkreis der sardinischstämmigen Bekannten von Stefano und Barbara vermutet. Wer in den vier Folgen einen Überblick des kompletten Falls erwartet, wird enttäuscht.

Die Erzählung von Das Monster von Florenz springt von den Sackgassen der austauschbaren Ermittler:innen in den 1980ern zurück in die 50er, wo Barbara zwangsverheiratet wird. Am Tag ihrer Hochzeit sprintet die willensstarke Frau über ein sonnengetränktes Feld, während ihr weißes Kleid im Wind wedelt und die Verwandten ihres Mannes auf einem Laster hinterher rasen. Es ist ein starkes Bild, das wie ein Leuchtturm aus den tristen Alltagsschilderungen der Serie aufscheint.

Die Unglücksehe mit dem kleinmütigen Stefano stellt sich als Urknall der vier Episoden heraus, zu dem die Autoren wiederholt zurückkehren, manchmal mit erhellenden Einblicken, manchmal mit ermüdender Redundanz. Hat Stefano die erste Tat allein begangen? War ihm einer von Barbaras Liebhabern behilflich, der später allein weiter mordete? Um diese Fragen rotiert die Serie, die selbstverständlich keine definitive Antwort liefert.

Wesentlich ergiebiger ist das Bild von der Welt, in der Stefano und die anderen Verdächtigen ihrem Tagwerk nachgehen. Im Italien dieser Jahre leben die Kinder bis zur Hochzeit bei ihren Eltern, Intimität wird in die Peripherie verdrängt, Gelüste werden auf abgelegenen Waldwegen befriedigt. Das betrifft die Opfer in ihren Autos, aber auch eine Mikro-Ökonomie von Spannern, die den Pärchen nachstellen. Dabei spielen die Macher gekonnt mit unseren Erwartungen. Ist der bedrohliche Hinterkopf, der im Mondlicht herabblickt, nun der Täter oder "nur" einer von jenen, die sich aus der Ferne aufgeilen?

So oder so: Das Monster von Florenz steckt voller Momente tiefster Unheimlichkeit, die vielleicht nicht mit David Finchers Zodiac mithalten können. Die präzise, stimmungsvolle Inszenierung kann sich im Vergleich zum üblichen True Crime-Geröll bei Netflix dennoch sehen lassen.

Die Serienkiller-Serie macht einiges besser als Monster Ed Gein, aber nicht alles

Die effektvolle Gewaltdarstellung hebt sich auch von Monster: Die Geschichte von Ed Gein ab. Der Netflix-Hit verliert sich in den gräulichen Taten Ed Geins und sogar Ted Bundys, bis man vor lauter geschändeten Leichen geradezu abstumpft. Die Aneinanderreihung von Karikaturen in Menschenkörpern, die genauso übertrieben sind wie die Comics, die Ed Gein (Charlie Hunnam) über die "Hexe von Buchenwald" liest, hilft auch nicht gerade.

Auch in Das Monster von Florenz wird erforscht, wie erzkonservative Werte und Männlichkeitsbilder Gewaltfantasien speisen. Jedoch gehen die Drehbücher diesen Themen konzentrierter nach als es beim US-Konkurrenten der Fall ist. Wirklich fesselnde Figuren entwickeln sich daraus aber nicht.

Das Monster von Florenz frustriert schon in seiner kurzen Laufzeit. Im Grunde erreicht die Serie ihren Höhepunkt in der ersten Folge, und zwar auf jenem Feld, über das das spätere Opfer Barbara rennt, um ihrem Schicksal zu entkommen. Alles, was folgt, ist eine Untermauerung ein und derselben These – mit wilder Spekulation, teils hölzernen Dialogen und viel zu wenig Interesse an den Frauen in dieser monströsen Geschichte.

Das Monster von Florenz streamt seit dem 22. Oktober bei Netflix. Als Grundlage dieses Serien-Checks dienten alle vier Folgen der Serie.

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