Wir schauen The Leftovers - Staffel 1, Folge 4

22.07.2014 - 08:53 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Leftovers
HBO
Leftovers
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Nach dem vorzeitigen Höhepunkt der Serie in der letzten Folge widmen wir uns wieder der gesamten Stadt. In einer etwas plumpen Folge von The Leftovers ohne wirklichen Plot oder Höhepunkt gibt es aber viel über das Serienuniversum zu lernen.

Damon Lindelof hat es geschafft. Endlich. Nach Jahren zäher Debatten in den Kommentarspalten und Foren dieser Welt hat er eine Folge, zusammen mit Elizabeth Peterson, geschrieben, die tatsächlich so metaphorisch plump und stümperhaft daherkommt, wie ihm das die schlimmsten Kritiker vorwerfen. Böse Stimmen würden wahrscheinlich vermuten, dass es daran lag, dass diese Episode von The Leftovers nicht an Kritikerkreise im Voraus mit den anderen ersten fünf verschickt wurde. Stattdessen jedoch kam es zu Planungsproblemen. Regisseurin Lesli Linka Glatter musste aus terminlichen Gründen die Produktion für Homeland verlassen, House of Cards -Regisseur Carl Franklin sprang ein, es kam zu Verzögerungen und Reshoots. Dder Zuschauer bemerkt dies nicht. Ebensowenig wie die bewusste und hingebungsvolle Behandlung der zentralen Metapher der Folge. Ja, natürlich ist das Verschwinden des Christkinds eine plumpe Metapher, die nicht weiter ausgearbeitet wird. Das ist auch gar nicht das Ziel Lindelofs. Doch stattdessen die Reaktion der Figuren tiefer zu analysieren und der Intention der Autoren zu folgen, versagt die meiste Kritik und unterstellt der Serie unfairerweise eine unnahbare Oberflächlichkeit.

Die Folge beginnt zunächst einmal mit dem bisher besten Cold Opening des laufenden Fernsehjahres. Unterlegt zu „I’m Not The One“ von The Black Keys (clever!) begleiten wir die industrielle Produktion einer Babypuppe, die anschließend von der Stadtverwaltung gekauft und als Christkind im öffentlichen Krippenspiel des Marktplatzes platziert wird. In der Montage sehen wir die Reaktionen Mapletons: Tagsüber stehen die Mitglieder der Guilty Remnant Wache, nachts kommen die streunenden Hunde und allgemein gibt niemand mehr viel auf die vorweihnachtliche Zeit. Es ist ein Symbol für den Niedergang der traditionellen Religionen und eine kluge Weiterführung des Themas aus der letzten Folge. Auch wenn dies nicht der subtile Höhepunkt der Serienkultur ist, die Szene funktioniert und das zählt.

Jemand stiehlt das Baby, was kurzzeitig die Folge auf ein stumpfes Whodunit herabsenkt. Natürlich ist das Verschwinden des Christkinds eine Metapher für den Departure am 14. Oktober. Das ist plump, doch kein Grund die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen. Der viel interessantere Ansatz ist ohnehin zu hinterfragen, wie die Figuren darauf reagieren. Hier kann die Serie zwar kaum neue Punkte liefern, dafür aber die Fronten klarer definieren und die Figuren weiter straucheln lassen. Es ist klare Exposition für zukünftige Folgen. Leider handelt es sich hier um die eher uninteressanteren Figuren. Jill darf mit ihren Teenagerfreunden wieder zeigen, wie die Autoren auf peinliche Art und Weise mit jungen Figuren versagen. Die Bürgermeisterin bleibt weiterhin eintönig und Donna darf den Mund nicht aufmachen, obwohl man dank des großartigen Spiels von Ann Dowd eine komplexe Figur vermutet.

Immerhin kann Kevin in der Folge punkten. Nicht nur, dass er das Christkind wiederfindet, er kann auch einen kleinen Flirt mit Nora Durst verbuchen. Carrie Coon und Justin Theroux haben Chemie und geben das Highlight der Folge. Die brutale Offenheit dieser Welt, in der es nichts mehr zu verlieren gibt, agiert hier als Barriere wie auch Chance auf neue Entwicklungen.

Kevin darf sich weiter profilieren. Meg (eine bisher kaum genutzte Liv Tyler) besucht ihn mit Laurie, was beim Chief aufgeregte Freude auflöst, die im Keim erstickt wird. Laurie will die Scheidung, Kevin ist strikt dagegen. Wie bei mehreren Figuren fehlt uns leider hier die Motivation, um stärker mitzufühlen. Justin Theroux’ Spiel rettet die Szene und überschattet die unübersichtlichen Beweggründe. Laurie will die Scheidung und wirft das Geschenk weg, sie trauert aber nachts im Garten ihrem alten Leben nach und will das Feuerzeug doch insgeheim. Lindelof muss sich wohl gewehrt haben, denn laut eigener Aussage will er definitiv kein neues Lost. Aber eine Flashbackästhetik wie in der letzten Folge leuchtet die Figuren einfach besser aus als dieses nur langsam Sinn ergebende Puzzle – so sehr es sich auch thematisch und metaphorisch ergibt.

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