Wie Hollywood-Stars beim US-Wahlkampf mitmischen

02.11.2016 - 09:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Team Umweltschutz: Leonardo DiCaprio unterstützt Hillary Clinton
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Team Umweltschutz: Leonardo DiCaprio unterstützt Hillary Clinton
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Kino- und TV-Stars sprechen sich in den USA offen für die Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump aus. Ihre prominente Unterstützung veranschaulicht, wie nahe Politikbetrieb und Unterhaltungsbranche im US-Wahlkampf beieinander liegen.

Während Fragen nach parteipolitischen Sympathien hierzulande für gewöhnlich mit dem leicht pikierten Verweis auf das Wahlgeheimnis abgewiegelt werden, pflegen US-amerikanische Bürger ein ungleich offenherzigeres Verhältnis zu politischen Standpunkten: Klare Positionierungen gehören in den USA zum Politdiskurs, sie meinungsstark zu vertreten scheint besonders in der langen Phase des Präsidentschaftswahlkampes für viele eine Selbstverständlichkeit. Das Bekenntnis berühmter Persönlichkeiten zu Kandidaten und gegebenenfalls die aktive Unterstützung von deren Kampagnen durch gemeinsame Auftritte, Fundraising-Aktionen und eigene Spenden in Millionenhöhe sind folglich ein wichtiger Teil dieser Partizipation. Zwar bleibt offen , inwiefern prominente Wahlempfehlungen für Anwerber auf das Präsidentschaftsamt tatsächlichen Nutzen haben. Stars aus Kino, Sport und Musik aber geben sich auch im US-Wahlkampf 2016 reichlich Mühe, ihre Zustimmung oder Ablehnung gegenüber Hillary Clinton und Donald Trump zu kommunizieren - mit einer Leidenschaftlichkeit, die bei aller etwaigen Kritik an Verschränkungen von Politikbetrieb und Unterhaltungsbranche zur großen Show ein sehr demokratiebewusstes Verständnis von Öffentlichkeit deutlich macht.

Donald Trump und Hillary Clinton

Ist es denkbar, dass Matthias Schweighöfer und Angela Merkel gemeinsam auf dem CDU-Parteitag das Tanzbein schwingen? Dass Josefine Preuß in Fernsehansagen erklärt, warum Sigmar Gabriel eine gute Partie ist? Oder dass auf Twitter unter Einsatz heftiger Beleidigungen politische Streitereien zwischen Elyas M'Barek und seinen Fans ausgetragen werden, die - wie in den USA mit Schauspieler James Woods geschehen - vor Gericht  landen können? Vermutlich nicht. Was eigentlich schade ist. Wie leicht würde es fallen, prominente Nervensägen im Wissen um deren politische Verortung noch ein wenig mehr zu hassen. Wie unterhaltsam wären öffentlich-rechtliche Gesprächsrunden, wenn darin zur Abwechslung nicht Wolfgang Bosbach, sondern Hannelore Elsner, Christian Petzold und Joko Winterscheidt über den nächsten Bundespräsidenten diskutieren würden. Und wie vergnüglich ist die Vorstellung eines Video-Rants vom altehrwürdigen Volkschauspieler Mario Adorf, der sich wutentbrannt wünscht, dem nächsten Kanzlerkandidaten ins Gesicht zu schlagen. Nach Vorbild von Robert De Niro natürlich. Der giftete wie ein wilder Stier, Donald Trump sei eine Peinlichkeit für die USA. Ein Hund. Ein Schwein. Ein Betrüger. Ein Idiot. Ein Bozo. Das lässt sich ins Deutsche nur sehr unzureichend übersetzen.

Der Großteil bekannter Hollywood-Schauspieler kämpft für Team Clinton. Meryl Streep ließ sich zur Trump-Parodie hinreißen und hielt auf der Parteiversammlung der Demokraten eine Rede, zu den Gästen dort zählten auch Elizabeth Banks und Lena Dunham. Bryan Cranston nannte Clintons Widersacher "gemeingefährlich". Salma Hayek legte konkretisierend nach ("gefährlicher Rassist"). Jennifer Lawrence prophezeite gleich "das Ende der Welt", sollte der republikanische Kandidat die Wahl am 8. November gewinnen. Serienlieblinge wie Johnny Galecki und Neil Patrick Harris sprachen sich für Clinton aus, Kinostars wie Leonardo DiCaprio, Emily Blunt und Hugh Jackman sowieso. Es werden Videokampagnen  von Regieschwergewichten (Joss Whedon) geschaltet und Teenie-Idole wie Josh Hutcherson und Chloë Grace Moretz mobilisiert, die ihrerseits junge Wähler ("Millennials") für Clinton begeistern sollen, falls Robert Downey Jr. und Scarlett Johansson das nicht gelingen sollte. Manchmal können politische Meinungsverschiedenheiten auch in öffentliche Familienstreitigkeiten  ausarten, wenn Trump-Fan Stephen Baldwin in sozialen Netzwerken auf seinen Bruder William Baldwin trifft, der sich extra für den Präsidentschaftswahlkampf ein Twitter-Profil zulegte.

Auf einer Veranstaltung schimpfte Donald Trump, die einzigen "enthusiastischen" Unterstützer seiner Gegenkandidatin Hillary Clinton seien "viele nicht mehr sonderlich angesagte" Prominente – was zumindest in diesem Fall ein bemerkenswertes Beispiel für die tiefen Gräben war, die sich zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung gelegentlich auftun können. Wenn es um celebrity endorsement aus Hollywood geht, ist es vielmehr Trump, der auf Rückendeckung von Schauspielern hoffen muss, deren beste Zeiten lange vorbei sind. Zu seinen Unterstützern gehören - was auch immer das über ein bestimmtes Kino aussagen mag - zahlreiche Actionstars vergangener Tage, von Steven Seagal bis Jean-Claude Van Damme, von Chuck Norris bis Jim Norton, von Fred Williamson bis Lou Ferrigno. Sie bringen den Duft wahrer Männer ins Team Trump, verleihen ihm strenge Würze, sind gern gesehene Gäste vor allem bei Fox News. Sie haben das derangierte Temperament eines Gary Busey oder den patinierten Hollywoodglanz eines James Caan. Die Ausstrahlung eines Jon Voight oder das Charisma eines Robert Davi. Und manche von ihnen, etwa die früheren Fernsehschauspieler Dean Cain und Kirk Cameron, sind sogar unter 55 Jahre alt.

Kein republikanischer Präsidentschaftskandidat aber war bisher so umstritten im eigenen Lager wie Donald Trump, das spiegelt sich in den Verwerfungen mit dessen prominenten Fürsprechern wieder. Monatelang tippte sich Kirstie Alley, ehemaliger Star der Serie Cheers und ihres Zeichens "operierender Thetan der Stufe 7", mit begeisterten Tweets über Trump und Rudy Giuliani die Finger wund, um nach Veröffentlichung des geleakten Trump-Tapes schließlich resigniert zu verkünden , sie werde die Wahl boykottieren. Arnold Schwarzenegger, ehemaliger republikanischer Gouverneur ("Governator") und langjähriger Freund des Ex-Präsidenten Ronald Reagan, zog aus dem gleichen Grund die Reißleine  - zum ersten Mal seit seiner Einbürgerung könne er keinen republikanischen Kandidaten wählen, ließ er Fans und politische Weggefährten über soziale Netzwerke wissen. Der für erinnerungswürdige Wahlkampfauftritte bekannte Clint Eastwood, einst Bürgermeister im kalifornischen Städtchen Carmel, zeigte sich ebenfalls zurückhaltend. Im Esquire-Interview  kritisierte er zwar Barack Obama und unsere politisch korrekte "pussy generation", gestand aber auch ein, dass Donald Trump gelegentlich Unsinn erzähle - seine Stimme werde er ihm, anders als Schwarzenegger, trotzdem geben.

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