Über den Wolken muss die Langeweile wohl grenzenlos sein

06.10.2009 - 07:02 Uhr
Halbgötter in Orange
Prosieben
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Flugzeug plus Virus – das hätte eigentlich funktionieren müssen. Nein, es funktionierte nicht! Es fehlten glaubwürdige Charaktere, eine spannende Inszenierung und ein gut recherchiertes Drehbuch.

Wenigstens das Timing war gut: Passend zum grau-trüben Herbstwetter läutete ProSieben die Grippesaison ein und hetzte ein aggressives Virus auf die Passagiere eines Flugzeuges. Doch der in der Reihe Thrill Time laufende Faktor 8 – Der Tag ist gekommen glich eher einem Schnupfen: Nervig, aber harmlos. Spannung kam zu keiner Zeit auf, nur durfte an manchen Stellen herzlich gelacht werden, auch wenn dies von den ProSieben-Veranwortlichen sicherlich so nicht geplant war. Denn um 20.15 Uhr hieß es gestern Abend: Vorhang auf für eine Daily Viren-Opera über den Wolken.

Foto-Show: die Bilder zu “Faktor 8”

Die Macher von Faktor 8 – Der Tag ist gekommen bemühten sich redlich, keine Zeit mit unwichtigen Details zu verschwenden: Ab der ersten Minute hustete eine Passagierin bedrohlich vor sich hin. Wenig später konnte Dr. Hecker (Muriel Baumeister) in knappem Drehbuchdeutsch den ersten Sterbefall verkünden: “Ich kann nichts mehr für Ihre Frau tun. Sie ist tot. Es tut mir leid.” Eine vernünftige Exposition und Einführung der Figuren hat Drehbuchautor Benedikt Roeskau vorsichtshalber gleich weggelassen.

Ein 90-Minüter muss sich eben auf das Wesentliche konzentrieren. Vor allem, wenn nur ein kleines Fernsehfilm-Budget zur Verfügung steht. Gespart wurde an allen Ecken und Enden: Die Schutzanzüge der Ärzte schienen mit flinker Nadel aus Zeltplane zusammengenäht worden zu sein, die Virologen trugen Headsets vom osteuropäischen Elektronik-Discounter. Dank eines Drehbuchtricks konnten auch viele der Komparsen zu Hause bleiben: Der Großteil der Passagiere hatte eine Fähre verpasst, weshalb das Flugzeug erstaunlich leer war – preiswert, aber einer klaustrophobischen Atmosphäre abträglich. À propos Atmosphäre: Bewundernswert war, wie es Regisseur Rainer Matsutani und Kameramann Gerhard Schirlo trotz des räumlich eng begrenzten Settings verhinderten, auch nur einen Hauch von Beklemmung aufkommen zu lassen.

Zwischen zahlreichen Luft- und Logiklöchern stolperten die Schauspieler durch das Flugzeug. Muriel Baumeister und ihre Filmtochter (Emilia Schüle) zeigten trotz des lahmen Mutter-Tochter-Konflikts stellenweise sogar Spielfreude, doch schon fiel das nächste blutverschmierte Viren-Opfer aus seinem Sitz – es blieb einfach keine Zeit für zwischenmenschliche Töne. Gesine Cukrowski verkündete Hiobsbotschaft um Hiobsbotschaft mit versteinerter Virologinnen-Miene, Max von Thun nölte sich als schmieriger Adliger lustlos von Szene zu Szene.

Ach ja, etwas lauwarme Kritik an überzogener Staatsräson gab es auch. Die Gesundheitsministerin zeigte sich pragmatisch bis zur Menschenverachtung: “Mir wäre es am liebsten, die Maschine wäre über dem Ozean abgestürzt,” erklärte sie wehmütig. Der Innenminister gab den vollendeten Sadisten, der sich nichts sehnlicher wünschte, als dieses blöde Flugzeug samt seiner blöden Passagiere endlich in die Luft zu sprengen. Die größte Enttäuschung hoben sich die Macher von Faktor 8 – Der Tag ist gekommen bis zum Schluss auf: Trotz mehrfacher Ankündigung hatte nicht einmal die Kanzlerin Lust, vorbeizuschauen.

Jetzt seid Ihr gefragt: Konnte jemand von Euch Faktor 8 – Der Tag ist gekommen etwas Positives abgewinnen?

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