Nah am Leben - Alle Anderen mit Birgit Minichmayr

17.06.2009 - 09:00 Uhr
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Prokino
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Die Presse ist begeistert von dem deutschen Urlaubsfilm, der die Tiefen einer Beziehung auslotet. So französisch war ein deutscher Film noch nie, so leicht und tiefsinnig selten und so dicht am Leben noch seltener.

Gitti (Birgit Minichmayr) und Chris (Lars Eidinger) sind ein ungleiches Paar, das sich in abgeschiedener Zweisamkeit durch einen Urlaub kämpft. Ihr hart erkämpftes Gleichgewicht wird durch ein anderes Paar, das moderner und erfolgreicher wirkt, ins Wanken gebracht. Christ orientiert sich an den Anderen und so wird die Beziehung beider auf eine harte Probe gestellt. Alle Anderen erzählt von den Sehnsüchten eines Paares auf der Suche nach seiner Identität. Angst vor Verantwortung und den eigenen Gefühlen spiegeln sich in dieser intimen Liebesgeschichte, die in die Tiefen einer Beziehung eintaucht und sich dabei ganz auf das Spiel ihrer Darsteller verlässt. Morgen startet der Film in den deutschen Kinos, nachdem er bei der diesjährigen Berlinale den zwei Bären gewinnen konnte: jeweils einen für die Regisseurin Maren Ade und die Hauptdarstellerin Birgit Minichmayr.

Birgit Glombitza im Spiegel bezeichnet den Film als kleines Wunder, der so luftig und so nah an den Wahrheiten des eigenen kleinen Lebens vorbeizuhüpfen scheint. “Ein Sommerfilm, leicht, flirrend, erhitzt. Manchmal wirbeln Windböen die unter der Oberfläche liegende Thermik einer Stimmung nach oben. Manchmal drückt mit der Hitze das Warten aufs Gemüt. Das Warten darauf, dass eine Spannung verfliegt, Gäste verschwinden, die Ferien vergehen. Man denkt an Rohmer bei dieser Geschichte über Menschen, denen es ganz gut geht und die trotzdem, wenn sie sich selbst ausgesetzt sind, erschüttert werden von einer Krise, die keine Ursachen hat, weil diese Krise das Leben selbst ist.”

Seine wahre Kraft entwickelt der Film nicht über die Dialoge, sondern über die physische Präsenz seiner Figuren, schreibt Harald Hähner in der Berliner Zeitung. “Es ist ein sehr körperlicher Film, so wie der Urlaub eine Zeit ist, in der einem der Körper in seiner Anfälligkeit, seiner Erholungsbedürftigkeit, seiner ursprünglich vorgesehenen Vitalität bewusster wird, als er es im Alltag sein darf. Die Gesten von Birgit Minichmayr und Lars Eidinger sind mindestens so vielsagend wie ihre Sätze, und oft genug widersprechen sie ihnen. … Das ist großes Schauspielerkino in einem kleinen Film einer großen Regisseurin.”

Für Cristina Nord von der taz ist der Film kühner als seine Figuren. “Er nimmt sich die Freiheit, in der sich Gitti und Chris nur wähnen, indem er seine Sequenzen jeweils für jede Möglichkeit offen hält. Szenen wechseln unvermutet ihre Temperatur und ihre Richtung, etwa wenn sie vom Komischen ins Tragische und von dort zurück ins Komische kippen. Die Figuren agieren in einem Augenblick infantil und im nächsten reif, sie probieren Posen und Sätze aus, verwerfen oder ironisieren sie und meinen sie schließlich doch ernst.”

Dies ist das Porträt einer Generation, meint Martin Rosefeldt auf arte.tv “Die Aufrichtigkeit, extreme Sensibilität und Durchlässigkeit im Spiel mit ihren kongenialen Schauspielkollegen ermöglicht es, die emotionale Orientierungslosigkeit einer ganzen Generation weit über die Grenzen Berlins erfahrbar zu machen. Einer Generation, deren Identitätssuche alles andere als banal und belanglos ist.”

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