Mit Jenseits der Mauer landete das Erste direkt im Herzen der Zuschauer

01.10.2009 - 07:00 Uhr
Jenseits der Mauer
ARD
Jenseits der Mauer
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Schon wieder ein Mauerfilm? Wer sich übersättigt fühlt von deutsch-deutschen Schicksalen in der wiedervereinigten Fernsehlandschaft, musste gestern eingestehen: Noch existiert genügend Raum für bewegende Geschichten, die so noch keiner erzählt hat.

Ohne wuchtige Possen, ohne kitschige DDR-Nostalgie und eindimensionale SED-Verteufelung gelang dem gestrigen Fernsehdrama Jenseits der Mauer etwas, was viele, auch die an DDR-Themen übersättigten Zuschauer, bewegt haben dürfte: Eine hochemotionale Geschichte zu erzählen, die die Bedeutung der deutsch-deutschen Grenze und der Wiedervereinigung versinnbildlicht. Berührend und schnörkellos führte uns Regisseur Friedemann Fromm durch zwei Jahrzehnte und das Schicksal zweier Familien, die durch die Mauer getrennt die politischen Bedingungen ihrer Zeit erleben.

Foto-Show: die Bilder von “Jenseits der Mauer”

Hochemotional spielte vor allem Katja Flint, deren verzweifelte Mimik in jeder Szene die Bandbreite einer Mutter ausdrückte, welche sich schwerste Vorwürfe machte. Ihre Tochter Miriam (Henriette Confurius) war als Zweijährige zur Zwangsadoption freigegeben worden, nachdem die Eltern versucht hatten, aus der DDR zu fliehen. Nur Sohn Klaus (Franz Dinda) durften Heike und ihre Mann Ulrich Molitor (Edgar Selge) mitnehmen – andernfalls wären sie beide inhaftiert worden und hätten beide Kinder verloren. Als Schatten ihrer selbst lebten sie nach der Zwangsausweisung in West-Berlin – bis sie eines Tages wieder Briefkontakt mit Miriam erhielten. Dass dieser durch einen SED-Funktionär fingiert war, erfuhr das Ehepaar vier Jahre später. Doch dann fällt die Mauer – und die Chance, die Tochter wiederzusehen, rückte in nächste Nähe.

Ohne Extravaganzen und mit viel Einfühlungsvermögen baute das Buch des erfahrenen Drehbuchautors Holger Karsten Schmidt eine Geschichte um das Schicksal eines Kindes auf, das in der DDR weder schikaniert wird, noch Teenie-Retro-Ostalgie durchlebt. Um das Mädchen herum gruppieren die Filmemacher eine höchstmögliche Anzahl von Nebenfiguren, deren Schicksal jeweils durch den Mauerbau bestimmt wird: Das Ehepaar, das nicht seine Kollegen bespitzeln will und deshalb einen Fluchtversuch unternimmt, diejenigen, die an den Sozialismus mit menschlichem Antlitz glauben oder den jungen Klaus, der als Westdeutscher im Schatten einer vermissten Schwester aufwächst. Deutsche Geschichte im Film ist nicht einfach – und genau aus diesem Grund ist Jenseits der Mauer so lobenswert. Das Drama stellte die vielschichtigen Verhältnisse, die politischen Bedingungen und intimen Empfindungen lebensnah nach, minimalistisch im Sensationellen und ganz groß im Kleinen.

Und was meint ihr: Konnte euch Jenseits der Mauer bewegen oder hat das Erste wieder einmal einen kitschigen Mauerstreifen vorgelegt?

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