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Kristen Stewart holt als erste US-Amerikanerin den César

22.02.2015 - 20:01 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Preisgekrönt: Kristen Stewart in Die Wolken von Sils Maria
NFP / Académie des arts et techniques du cinéma
Preisgekrönt: Kristen Stewart in Die Wolken von Sils Maria
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Während beim 40. Französischen Filmpreis der große Favorit fast leer ausging, gewann das afrikanische Dschihadistendrama Timbuktu als bester Film gleich sieben Preise und Kristen Stewart schrieb mit ihrem César Geschichte. Auch zwei Deutsche wurden ausgezeichnet.

Am vergangenen Freitag, den 20. Februar 2015, wurden zum 40. Mal die Césars verliehen. Die Jubiläumsausgabe des nationalen französischen Filmpreises, einst als Pendant zu den US-amerikanischen Oscars ins Leben gerufen, hielt einige im Vorfeld mehr oder weniger erwartbare Überraschungen bereit. Die Zeremonie im Pariser Théâtre du Châtelet geriet laut Deadline  zu einer der längsten aber auch kurzweiligsten in der Geschichte der Awards. Durch den Abend führte der französische Schauspieler Édouard Baer, sichtlich bemüht, die Längen während der Preisverleihung durch seine gewitzte Moderation auszubügeln.

Afrikanisches Dschihadistendrama Timbuktu mit 7 Césars ausgezeichnet


Die erschütternden News  aus dem Jahr 2012 zum Bürgerkrieg  im afrikanischen Staat Mali am Rande der Sahara schienen von vielen vergessen, doch 2014 hielt ein mittlerweile Oscar-nominierter Film die Erinnerung an den anhaltenden Konflikt  aufrecht und rüttelte wach. Nachdem die Vereinigung der französischen Filmproduzenten (Société des producteurs de cinéma et de télévision, kurz PROCIREP) am vergangenen Montag weder der Filmbiografie eines französischen Modeschöpfers noch der romantischen Komödie um das Zusammenfinden eines französischen Paares während eines Armee-Survival-Programms ihren Zuschlag erteilte, sondern, wie u.a. Variety  berichtete, den renommierten Toscan du Plantier Award (Equivalent zum Darryl F. Zanuck Award der Producers Guild of America, kurz PGA) an einen afrikanischen Film vergab, bahnte sich für aufmerksame Beobachter des Filmpreiszirkus eine kalkulierbare Überraschung an. So kam es dann auch, dass das erlesen gefilmte mauritanische Dschihadistendrama Timbuktu mit seiner Geschichte von der allmählichen Besetzung des nördlichen Mali durch brutale Islamisten bei der 40. Vergabe der Césars zum großen Gewinner des Abends wurde. Der Triumphzug des von Frankreich co-produzierten Streifens war perfekt, nachdem neben der Auszeichnung als Bester Film erstmals überhaupt die Ehrung für Beste Regie an einen afrikanischen Regisseur ging und Filmemacher Abderrahmane Sissako zudem mit Co-Autor Kessen Tall den Preis für das beste Originaldrehbuch entgegennehmen durfte. Vier weitere Césars (Kamera, Schnitt, Musik, Ton) konnte der Abräumer des diesjährigen Französischen Filmpreises einheimsen.



Ganze dreißig Jahre ist es her, dass letztmals eine US-amerikanische Darstellerin die seltene Chance auf den Gewinn des Französischen Filmpreises bekam, als die Mezzosopranistin Julia Migenes 1985 für ihre Darbietung in Francesco Rosis Opernverfilmung Carmen auf den César in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin hoffen durfte. Dieses Jahr zeigte die Académie des arts et techniques du cinéma erneut Herz für die Leistung einer Hollywoodschauspielerin in einem französischen Film und nominierte die weithin aus der Twilight-Filmreihe bekannte Kristen Stewart für ihre von Kritikerseite gelobte Darbietung in Die Wolken von Sils Maria, dem jüngsten Werk von Olivier Assayas. In dem Drama um das Comeback eines alternden Filmstars, verkörpert von Oscar-Preisträgerin Juliette Binoche, spielt sie deren Assistentin. Als die Laudatoren bei der Verlesung der Gewinnerin in der Kategorie Beste Nebendarstellerin den Namen der 24-jährigen US-Amerikanerin verkündeten, war die von der Kamera des Fernsehsenders Canal+ eingefangene Überraschung der Ausgezeichneten groß, denn nun stand fest, sie hatte Geschichte geschrieben, da von nun an sie als diejenige gelten wird, der dies als Erste gelang. Die Promi-News-Seite PopSugar  titelte augenzwinkernd in Anlehnung daran und in Bezug auf ihren einnehmenden Auftritt in schneeweißer Robe vor, während und nach der Veranstaltung: "Kristen Stewart Makes History While Looking Hotter Than Ever." Wie THR  zu berichten weiß, scheint die Preisträgerin Gefallen an der Arbeit in Frankreich gefunden zu haben, denn gegenüber der Presse äußerte sie nach ihrer Dankesrede durchaus Ambitionen auf weitere Filmprojekte und erklärte: "Es gibt im Vergleich eine große Kluft zwischen dem, was Menschen in den (Vereinigten) Staaten motiviert, Filme zu machen, und dem, was sie hier (in Frankreich) motiviert, Filme zu machen, und ich ziehe es irgendwie hier vor." Das klingt nach einem interessanten neuen Weg!

Erstlingsfilm Liebe auf den ersten Schlag gewinnt 3 Césars


Für die mit 10 Nominierungen als Favorit ins Rennen um die Césars gegangenen Biografie Saint Laurent kam es hingegen ganz dick, denn diese ging fast komplett leer aus, nur mit dem Trostpreis in der Kategorie Beste Kostüme bedacht. Dass die Auszeichnung für den besten Hauptdarsteller an einen der beiden Interpreten der berühmten Modeschöpferikone gehen wird, schien ziemlich sicher. Doch auch hier gab die französische Filmakademie der Leistung von Pierre Niney in Yves Saint Laurent den Vorzug vor dem Spiel von Gaspard Ulliel im Frontrunner-Streifen. Insgesamt blieb es aber auch bei einer einzigen Auszeichnung für den zweiten Saint-Laurent-Film, was dem kuriosen Preisverleihungsduell der beiden Lebensdramen um den prominenten Designer einen bitteren Nachgeschmack verleiht. Bei den Hauptdarstellerinnen konnte sich Adèle Haenel nach ihrem letztjährigen Gewinn als Beste Nebendarstellerin in Die unerschütterliche Liebe der Suzanne erneut über eine Ehrung für ihre aktuelle Leistung in Liebe auf den ersten Schlag freuen, mit der sie Konkurentinnen wie Marion Cotillard, Catherine Deneuve oder Juliette Binoche ausstach. Ihr Filmpartner Kévin Azaïs wurde als bester Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet, während die gleiche Trophäe an die Schauspieldebütantin Louane Emera im französischen Blockbuster Verstehen Sie die Béliers? ging, mit 6,3 Millionen Besuchern der einheimische Kinokassenhit der letzten Saison in Frankreich. Bester Nebendarsteller wurde der Frankoalgerier Reda Kateb in der Ärzte-Tragikomödie Hippocrate.

César-Preisträger: Pierre Niney als Yves Saint Laurent


Endlich konnte sich auch Wunderkind Xavier Dolan nach dem euphorischen Kritikerecho bei den letztjährigen Internationalen Filmfestspielen von Cannes mal wieder über eine Würdigung seines Mutter-Sohn-Dramas Mommy freuen, denn der französischsprachige Film des Kanadiers wurde in der Kategorie Bester ausländischer Film ausgezeichnet, in der es mitnominierte Streifen wie Ida, Grand Budapest Hotel oder Winterschlaf zu schlagen galt. Als Bester Animationsfilm gewann das 3D-Mikrokosmos-Abenteuer Minuscule - Kleine Helden, das Computeranimation mit realer Natur verbindet und von einem Marienkäfer erzählt, der zwischen die Fronten zweier sich bekriegender Ameisenvölker gerät. Auch zwei Deutsche wurden dieses Jahr mit dem Französischen Filmpreis bedacht. Volker Schlöndorff erhielt zusammen mit dem Autor des zugrundeliegenden Theaterstücks Cyril Gély den César für das beste adaptierte Drehbuch seines kammerspielartigen Historiendramas Diplomatie über ein fiktives Gespräch zwischen dem deutschen General Dietrich von Choltitz und dem schwedischen Konsul Raoul Nordling zur Verhinderung der von Adolf Hitler befohlenen Zerstörung von Paris 1944. Wim Wenders' Oscar-nominierter Dokumentarfilm Das Salz der Erde über Leben und Werk des brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado ist in den Augen des französischen Preisgremiums der beste des zurückliegenden Jahres. Den Ehrenpreis für sein Lebenswerk bekam der US-Schauspieler Sean Penn von einer sichtlich bewegten Marion Cotillard nach einer emotionalen Laudatio überreicht, die ihn als "Schauspieler, Regisseur und Humanist" pries.

Erlesene Bilderwelten von Sebastião Salgado in preisgekrönter Doku von Wim Wenders


Während schon im vorangegangenen Artikel Die Césars 2015 ganz im Zeichen von Yves Saint Laurent ausführlich alle Nominierungen aufgelistet wurden, hier noch einmal der Überblick über alle Gewinner. Mehrfachgewinne gab es lediglich für die Filme Timbuktu (7 Césars) und Liebe auf den ersten Schlag (3 Césars).


► Bester Film | Meilleur film
Timbuktu (Le chagrin des oiseaux)

► Bester Erstlingsfilm | Meilleur premier film
Liebe auf den ersten Schlag
(Les combattants)

► Beste Regie | Meilleur réalisateur
Abderrahmane Sissako für Timbuktu (Le chagrin des oiseaux)

► Bestes Originaldrehbuch | Meilleur scénario original
Abderrahmane Sissako und Kessen Tall für Timbuktu (Le chagrin des oiseaux)

► Bestes adaptiertes Drehbuch | Meilleure adaptation
Cyril Gély und Volker Schlöndorff für Diplomatie

► Bester Hauptdarsteller | Meilleur acteur
Pierre Niney als Yves Saint Laurent in Yves Saint Laurent

► Beste Hauptdarstellerin | Meilleure actrice
Adèle Haenel als Madeleine in Liebe auf den ersten Schlag (Les combattants)

► Bester Nebendarsteller | Meilleur acteur dans un second rôle
Reda Kateb als Abdel Rezzak in Hippocrate

► Beste Nebendarstellerin | Meilleure actrice dans un second rôle
Kristen Stewart als Valentine in Die Wolken von Sils Maria (Sils Maria)

► Bester Nachwuchsdarsteller | Meilleur espoir masculin
Kévin Azaïs als Arnaud Labrède in Liebe auf den ersten Schlag (Les combattants)

► Beste Nachwuchsdarstellerin | Meilleur espoir féminin

Louane Emera als Paula Bélier in Verstehen Sie die Béliers? (La famille Bélier)

► Beste Kamera | Meilleure photographie
Sofian El Fani für Timbuktu (Le chagrin des oiseaux)

► Bester Schnitt | Meilleur montage
Nadia Ben Rachid für Timbuktu (Le chagrin des oiseaux)

► Beste Musik | Meilleure musique
Amine Bouhafa für Timbuktu (Le chagrin des oiseaux)

► Beste Ausstattung | Meilleurs décors
Thierry Flamand für Die Schöne und das Biest (La belle et la bête)

► Beste Kostüme | Meilleurs costumes
Anaïs Romand für Saint Laurent

► Bester Ton | Meilleur son
Thierry Delor, Roman Dymny und Philippe Welsh für Timbuktu (Le chagrin des oiseaux)

► Bester ausländischer Film | Meilleur film étranger
Mommy ----- Kanada

► Bester Animationsfilm | Meilleur film d'animation
Minuscule - Kleine Helden (Minuscule - La vallée des fourmis perdues)

► Bester Dokumentarfilm | Meilleur documentaire
Das Salz der Erde (Le sel de la terre)

► Bester Kurzfilm | Meilleur court-métrage
La femme de Rio

► Bester Kurztrickfilm | Meilleur court-métrage d'animation
Les petits cailloux

► Ehrenpreis | César d'honneur
Sean Penn



Quelle:
Auflistung der Nominierungen und Gewinner  auf der offiziellen Webseite der Césars

Liste zum Thema auf Moviepilot:
Alle für den César nominierten Filme der 2010er Jahre

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