Godzilla - Ein Urgestein des japanischen Kaiju-Films

24.01.2017 - 09:20 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
GodzillaSplendid Film
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Vor 60 Jahren wurde das Godzilla-Original von 1954 in Berlin für Deutschland synchronisiert. Grund genug, einen Blick auf den Film zu werfen, der ein ganzes Genre prägte.

Im Jahr 1954 stampfte Godzilla zum ersten Mal über die japanischen Leinwände und in die Herzen vieler Fans auf der ganzen Welt. Der Film war Ishirô Hondas Durchbruch und begründete als Nebeneffekt das von riesigen Monstern geprägte Kaijū Eiga-Genre. Der Film beginnt mit der Zerstörung einiger Fischerboote vor der Insel Odo. Die wenigen Überlebenden wissen nicht, wie ihnen geschah. Die Inselbewohner glauben, dass Godzilla auf der Suche nach Nahrung ist, weil er im Meer nichts mehr findet. Professor Yamane (Takashi Shimura) entdeckt, dass Godzilla eigentlich auf dem Meeresboden lebt und erst durch die Atombombentests im Pazifik aufgescheucht wurde. Auf Odo wird das Monster erstmals gesehen. Nachdem er sich aber zurückzieht, beginnt das Militär, Godzillas Territorium zu bombardieren. Das Militär will das Urzeitwesen töten, während Professor Yamane das Ungeheuer studieren will. Der Film endet mit den Gedanken von Professor Yamane, dass der Welt schlimmere Katastrophen als Godzilla drohen, sollte die Menschheit an der Atomkraft festhalten.

Warum ich Godzilla mein Herz schenke

Ich erinnere mich, wie ich den Film das erste Mal an einem verregneten Samstagnachmittag gesehen habe, in einem Godzilla-Marathon zusammen mit Godzilla gegen Destoroyah und Godzilla: Final Wars. Alle drei lieferten etwas Besonderes. Final Wars war ein Action-Feuerwerk mit vielen lieb gewonnenen Ungeheuern, Godzilla gegen Destoroyah stellt zum Ende einen überraschend gefühlvollen Abschied von der Monster-Ikone dar, der aber dank der japanischen Ablehnung des Roland Emmerich-Films nur von kurzer Dauer war. Am meisten Eindruck machte auf mich jedoch das Original, das weniger auf Action und überhaupt nicht auf Kämpfe zwischen Monstern setzte, sondern Godzilla als beängstigende Allegorie gegen Nukleartechnologie zeigt.

Godzilla auf dem Weg nach Tokyo

Die Filmfigur Godzilla ist eine wandelnde Metapher für die Gefahr, die von Atomkraft und -bomben ausgehen kann. Das wird insbesondere auch durch die Bilder des von Godzilla angerichteten Leids deutlich, die in der japanischen Schnittfassung ausführlicher behandelt werden. Da die deutsche Fassung um 12 Minuten gekürzt wurde, geht gegenüber der japanischen Schnittfassung viel Handlung verloren. In diesen Szenen wird einerseits das Trauma deutlicher, das durch die Atomwaffen verursacht wurde. Andererseits fehlen Szenen, die die Reaktionen der Bewohner Tokios auf Godzilla zeigen. Beispielsweise wird in einer Szene ein Junge von einem Arzt mit einem Geigerzähler untersucht, während weitere Verletzte ins überfüllte Krankenhaus transportiert werden. Auch Szenen mit Verletzten und einem Kinderchor sind dabei länger zu sehen, was das verursachte Leid noch deutlicher hervorhebt. Für die US-Fassung wurden Handlungsszenen entfernt und mit einem US-Reporter ersetzt, um den Film für Amerikaner leichter verdaulich zu machen.

Warum auch andere Godzilla lieben werden

Godzilla besticht durch sein liebevolles Set-Design, für das eine ganze Ministadt gebaut wurde, durch die Haruo Nakajima und Katsumi Tezuka in den schweren Gummianzügen für ihre Rolle als Godzila stampften. Das war notwendig, weil der Film mit Stop-Motion-Animationen, wie in King Kong und die weiße Frau, etwa sieben Jahre gebraucht hätte, um fertiggestellt werden zu können. Ishirô Honda wollte das damit verbundene Risiko nicht eingehen und setze auf Menschen in Gummianzügen, um den Film schneller fertigstellen zu können. So wurde aus der Not eine Tugend und der Look der Godzilla-Filme für die kommenden Dekaden geprägt.

Bei den Menschen ist insbesondere der von Akihiko Hirata gespielte Dr. Serizawa als Figur spannend, weil durch ihn auch philosophische Fragen über Wissenschaftsethik, menschliche Verantwortung und Selbstaufopferung in die Handlung aufgenommen werden, die in den vielen späteren Godzilla-Filmen keine Rolle mehr spielen und auch zum Nachdenken anregen.

Godzilla

Warum Godzilla die Jahrzehnte überdauern wird

Durch seine Effekte und die Gummianzüge hat der Film bis heute einen einzigartigen Charme. Ich mag diese Unmittelbarkeit der Ereignisse in Godzilla, die dadurch entsteht, wenn tatsächliche Bewegungen vor der Kamera stattfinden und von ihr eingefangen und übertragen werden. Durch Computereffekte, insbesondere schlechte, kann dieses Gefühl nicht oder nur schlecht transportiert werden.

Zudem ist Godzillas mahnender Ansatz nicht zu unterschätzen, der aus einem unmittelbaren historischen Kontext wirkt. Nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima am 06.08.1945 und Nagasaki am 09.08.1945 war Japan am Boden. Die Angst vor atomarer Zerstörung saß in der Bevölkerung tief, die hunderttausende Tote ertragen musste. Als Godzilla 1954 in Japan anlief, war das durch die Atomwaffen verursachte Trauma noch nicht verarbeitet, entsprechend wirkt der Film im besonderen Maße, wenn wir ihn vor seinem historischen Hintergrund betrachten. Ishirô Honda hat mit Godzilla eine Warnung vor der Atomkraft geschaffen, die angesichts der Unglücke mit den Atomkraftwerken von Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima nichts von ihrer Kraft und zeitlosen Relevanz verloren hat.

Habt ihr auch ein Herz für Godzilla?

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