George A. Romero und sein besonderes Gespür für den Zeitgeist

18.07.2017 - 09:30 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
George Romero
nicolas genin [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons, Ausschnitt
George Romero
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Mit George Romero ist nicht nur der Erfinder des modernen Zombie-Mythos gestorben, sondern auch ein Regisseur, der sich darauf verstand, Aspekte aufzugreifen, die anderen verborgen blieben.

Wer wie George A. Romero mit seinem ersten Film einen Trend auslöst, der fast 50 Jahre später so lebendig ist wie nie zuvor, muss ein Gespür dafür besitzen, was das Publikum und nachfolgende Filmemacher bewegt. Mit Die Nacht der lebenden Toten lenkte er 1968 den Zombiefilm in eine Richtung, die die bisherige Verbindung zum Voodoo kappte und die lebenden Toten stattdessen zu Boten der Apokalypse machte. Diese dem übernatürlichen Aspekt zum Trotz recht weltliche Verankerung bot Romero zudem die Gelegenheit zu gesellschaftskritischen Andeutungen, die ihre Wirkung auf zahlreiche Zuschauer gerade deshalb entfaltet haben dürften, weil sie eher unterschwellig, nebenbei daherkamen, als dass sie mit dem Holzhammer verabreicht wurden.

Die Nacht der lebenden Toten

Im Gegensatz zu vielen der Regisseure, Drehbuchautoren und Produzenten der Aberdutzenden Zombiefilme der folgenden Jahrzehnte wollte George Romero jedem seiner Untoten-Werke eine ganz eigene Daseinsberechtigung geben  und das Thema aus immer wieder neuen Perspektiven betrachten: "Jeder sagte etwas über eine andere Dekade aus und unterschied sich stilistisch vom anderen", so Romero. Zwischen Die Nacht der lebenden Toten und Zombie - Dawn of the Dead lagen 10 Jahre, bis zu Zombie 2 - Das letzte Kapitel vergingen weitere 7, bis zu Land of the Dead gar 20, die letzten beiden - Diary of the Dead und Survival of the Dead - folgten hingegen im Zweijahres-Abstand. Auch wenn in den Augen vieler Fans mit Dawn of the Dead 1979 bereits der Höhepunkt erreicht war, wird Romero doch in so gut wie jeder Meldung zu seinem Tode als Zombie-Meister bezeichnet, ein weiterer Hinweis auf seinen immensen Einfluss auf das Genre.

Zombie - Dawn of the Dead

Sechs Zombiefilmen stehen dabei fast doppelt so viele andere Werke gegenüber, bis auf zwei - eine Romantische Komödie und ein Drama über Ritterspiele auf Motorrädern - zwar allesamt ebenfalls im Horrorbereich angesiedelt, jedoch eine große Bandbreite abdeckend: Hexen, Biowaffen, ein junger Mann, der sich für einen Vampir hält, ein zum Helfer dressierter Affe, ein fleischgewordenes Pseudonym und ein verschwundenes Gesicht sind hier die Quellen des Grauens. Hinzu kommen vier Staffeln der von George Romero geschaffenen und produzierten Horror-Anthologieserie Tales From the Darkside, aber all diese Werke konnten es auf der Popularitätsskala nicht mit seinen Untoten aufnehmen.

Dies dürfte nicht nur darin begründet liegen, dass sich die Romero'schen Zombies wunderbar als Metaphern für alle möglichen Dinge eignen und sich aufgrund ihrer unbestimmten Natur auch in zahllose Szenarien verpflanzen lassen, in denen sie stets in einem neuen Licht gesehen werden können. Wie der Guardian  anmerkt, eignen sich solche Zombies außerdem für ein kleines Budget wesentlich besser als andere Monster wie Werwölfe oder Vampire, sind also nicht nur erzählerisch, sondern auch logistisch eine gute Wahl. Gerade diese Low Budget-Natur seiner Filme und die damit verbundene Freiheit von Zwängen dürfte ein wesentlicher Grund sein, warum sich noch immer viele junge Filmmemacher von George Romeros Werken angesprochen fühlen.

Duane Jones in Die Nacht der lebenden Toten

Mindestens ebenso wichtig für die Wirkung seiner Filme dürfte George Romeros Offenheit für mehr oder weniger zufällige Eingebungen, gewesen sein, die ausgearbeitet zu zwei der berühmtesten Merkmale seiner Filme führten: Die Hauptrolle in Die Nacht der Lebenden Toten war ursprünglich für einen weißen Schauspieler geschrieben worden, und erst nachdem die Wahl aufgrund seines überzeugenden Vorsprechens  auf Duane Jones fiel, überarbeiteten Regisseur und Hauptdarsteller den Charakter, was im berühmten Finale des Films gipfelte. Auch die Konzeption von Dawn of the Dead ging Romero nicht mit dem festen Vorsatz an, das nächste Kapitel der Zombie-Apokalypse in einem Einkaufszentrum spielen zu lassen. Die Monroeville Mall bei Pittsburgh war schlicht der erste "Konsumtempel" dieser Art, den Romero je zu Gesicht bekommen hatte , und unter diesem Eindruck entschied er sich für diesen Schauplatz, mit allen Assoziationen, die er ihm bot. Was uns wieder zu dem besonderen Gespür bringt, das George Romero auszeichnete und dazu führte, dass sein Werk wohl ebenso widerstandsfähig überdauern wird wie seine liebsten Kreaturen.

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