Die unbekannten Facetten des Clint Eastwood

31.05.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Und dieser Miesepeter soll Der Gute sein?
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Und dieser Miesepeter soll Der Gute sein?
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Seinen 85. Geburtstag feiert das Hollywood-Urgestein Clint Eastwood heute. Den Ehrentag des großen Regisseurs und Schauspielers feiern wir mit einem Blick zurück auf seine Momente vor der Kamera, die zu Unrecht gerne in Vergessenheit geraten sind.

So kennen und lieben wir ihn: Als mürrisch dreinschauenden, Poncho tragenden und Cigarillos paffenden namenlosen Outlaw, wie ihn Sergio Leone in seiner unvergesslichen Dollar-Trilogie auf Film bannte. Oder als Dirty Harry, der es trotz (oder gerade wegen?) seiner Berufung mit dem Ausüben von Selbstjustiz etwas sehr ernst meint. Und dann gibt es natürlich auch noch den Regisseur Clint Eastwood, der uns einige der besten Western aller Zeiten (Ein Fremder ohne Namen, Der Texaner, Erbarmungslos), manch mitreißendes Drama (Perfect World, Mystic River, Million Dollar Baby) und hin und wieder auch ganz schöne Gurken (Hereafter - Das Leben danach, American Sniper) bescherte. Natürlich könnten wir anlässlich seines 85. Geburtstages noch einmal auf all diese so altbekannten wie vielbesprochenen Filme eingehen, aber wie steht es eigentlich um die weniger bekannten Facetten des Hollywood-Urgesteins namens Clint Eastwood? Dabei soll es hier nicht um den Clint Eastwood hinter der Kamera gehen, der einen einen leeren Stuhl mit Barack Obama verwechselt oder als einer von wenigen Republikanern das Schließen homosexueller Ehen befürwortet, sondern den Clint Eastwood vor der Kamera, den der eine oder andere von euch vielleicht in einem ganz neuen Licht sehen könnte.

Ray Charles und Clint Eastwood


Die (Jazz-)Musik ist seine Welt

Clint Eastwood ist ein echtes Multitalent: Er dreht, schreibt, produziert und (schau-)spielt nicht "nur", sondern komponiert nicht selten auch die Filmmusik zu seinen Filmen. Bronco Billy, Honkytonk Man und Gran Torino sind nur einige wenige Werke, zu denen er einzelne Songs oder gar den gesamten Score beisteuerte. Seine größte Liebe gilt insbesondere der Jazz-Musik. Dieses Genre würdigte er nicht nur in seinem kolossalen Charlie Parker-Biopic Bird, sondern auch in seinem Beitrag zu der hervorragenden Doku-Reihe The Blues von Martin Scorsese. In Piano Blues and Beyond widmet sich der autodidaktische Klavierspieler voll und ganz der Welt des Piano-Jazz und machte bei dieser Gelegenheit informativen Smalltalk mit Jazz-Größen wie Dr. John oder Ray Charles. Kein Wunder, dass der ehemalige Mann ohne Namen einmal sagte, dass der Western und Jazz die einzig wahren Kunstformen seien, die Amerika je hervorgebracht hat. Wo wir gerade beim Western sind.

Ob Klavier, Gitarre oder Gesang: Clint hat es mit der Musik


Singen kann er auch, wenn es denn sein muss

Westwärts zieht der Wind war weder der erste noch der letzte Film, in dem Clint Eastwood seinen Mut zum musikalischen Ständchen unter Beweis stellte. Aber wohl nie zuvor oder danach wurde er für seinen Gesang so verleumdet wie für dieses biedere Western-Musical, das ironischerweise im gleichen Jahr in die Kinos kam wie Easy Rider, der musikalisch in neue Sphären hervorstieß. Selbst der oft so optimistisch gesinnte Roger Ebert  stempelte Westwärts zieht der Wind als "dicken, fetten Kloß" von einem Film ab und bezeichnete Eastwoods Gesang als "Geheule". Eastwood selbst war weniger über seinen Gesang verärgert, sondern über die langen Verzögerungen bei den Dreharbeiten. Er zog daraus Konsequenzen und gründete mit Malpaso seine eigene Filmgesellschaft, um in Zukunft mehr Kontrolle über seine Karriere zu bekommen. Wer sich selbst davon überzeugen will, wie Clint mit finsterer Miene die Ruhe des Waldes stört, möge dies bitte hier tun:


Clints Sinn für Romantik

Wer würde schon im ersten Moment an Hollywoods toughesten aller Toughies denken (nein, nicht Mel "Was Frauen wollen" Gibson), wenn es um das Thema Romanze geht? Allzu viele Vertreter dieses Genres hat Eastwood zwar nicht hervorgebracht, aber zumindest eine seiner beiden Romanzen zählt zu den beliebtesten aller Zeiten (nein, nicht der harmlose und heute vergessene Begegnung am Vormittag). Gemeint ist natürlich Die Brücken am Fluß, in dem Eastwood erneut sowohl vor als auch hinter der Kamera umtriebig war. Im Gegensatz zu seinen zahllosen Herrengenres voller gewaltbereiter, heterosexueller und patriarchalischer Wertvorstellungen ist Die Brücken am Fluss eine kleine und unaufgeregte Romanze, in der Eastwood endgültig mit dem Bild des Toughies bricht. Er überlässt Meryl Streep die Bühne und ihr ist es auch zu danken, dass Eastwood hier zur Abwechslung mal einen Film geschaffen hat, der mehr mit den Menschen als mit ihren Mythen zu tun hat. Wenn Eastwoods Cowboy-esquer Fotograf am Ende  im strömenden Regen seine Francesca verlässt, bleibt wirklich kein Auge mehr trocken.

Clint Eastwood, ein heimlicher Casper-Verehrer?


Clints Sinn für Humor

Dass Eastwood Sinn für trockenen Humor hat, bewies er bereits als namenloser Outlaw bzw. Blonder in der Dollar-Trilogie und zuletzt auch als alter Miesepeter in Gran Torino. Auch unfreiwillig komisch darf es gerne mal zugehen, wie zum Beispiel in dem grenzwertig hanebüchenen Buddy-Abenteuer-Duo Der Mann aus San Fernando und Mit Vollgas nach San Fernando. Aber Slapstick-artigen Over-the-Top bekamen wir in der Vergangenheit nur ganz selten von Eastwood zu sehen. Doch einen kleiner Cameo, in dem Eastwood tatsächlich in Person zu sehen ist und so richtig schön die Sau raus lässt (anders als die irritierend anzusehende CGI-Kreuzung mit Jim Carrey in Bruce Allmächtig), hat sich unser heutiges Geburtstagskind dann doch mal geleistet. In Casper verwandelt sich Dr. Harvey (ein gelackter Bill Pullman) kurzerhand in eine von Eastwood gespielte Karikatur von Eastwood, die Harvey mit seinem Tod, dem seiner Mutter und ihrer Bridge spielenden Freunde droht. Wir können nur darüber spekulieren, was Eastwood dazu getrieben hat, diese albernen Zeilen über die Lippen zu bringen. Verdächtig ist allerdings, dass auch Eastwoods Held in Perfect World (nein, nicht Kevin Costner) zu Halloween als Casper verkleidet ist. Ob Eastwood ein heimlicher Verehrer des kleinen Gespensts ist?


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