Die Oscars 2015 und Patricia Arquettes Forderungen

28.02.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Patricia Arquette in Boardwalk Empire
HBO/Warner
Patricia Arquette in Boardwalk Empire
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Außer Langeweile, schlechten Witzen und vorhersehbaren Auszeichnungen gab es bei der diesjährigen Oscar-Verleihung sogar einen richtigen Aufreger. Denn die ausgezeichnete Patricia Arquette hat hinter den Kulissen ziemlich absurde Forderungen gestellt.

Ich hätte mich diese Woche auch über Germany's Next Topmodel aufregen können. Oder ungefähr denselben Text, den ich über die Reaktionen zum weiblichen Ghostbusters-Cast geschrieben habe, so oder so ähnlich nochmal über die zur weiblichen Neuauflage von MacGyver schreiben können. Stattdessen widme ich mich noch einmal den Oscars, auch wenn oder gerade weil der ganze Wirbel nun so langsam aber sicher zur Ruhe kommt - vor allem in der medialen Berichterstattung. Viel Kluges wurde schon dazu gesagt und geschrieben, jetzt gebe auch ich noch meinen Senf dazu.

Die Oscars 2015: Eine Veranstaltung voller Glanz und Gloria, aber auch gähnender Langeweile und schlechter Witze. Ich hätte die Gelegenheit gehabt, die Verleihung der 87. Academy Awards live in einem der größten Kinosäle Berlins zu verfolgen. Darauf habe ich verzichtet, und ich bin sehr froh darüber, dass ich mich so entschieden habe. Nicht nur wegen meines Schönheitsschlafes. Denn hier verhält es sich ganz wie bei Fifty Shades of Grey: Ich muss mir den Schmarrn zum Glück nicht komplett reinziehen, um etwas dazu schreiben zu können. Auch wenn das einige vielleicht anders sehen.

Schon als die Nominierungen der diesjährigen Oscars bekannt gegeben wurden, habe ich mich darüber aufgeregt. Was ich im Januar geschrieben habe, gilt nach wie vor: Die Academy scheint ein Problem zu haben. Die Problematik wurde dieses mal sogar thematisiert. Dadurch verschwindet sie aber leider nicht. Ganz im Gegenteil: Es sieht so aus, als habe sich die Academy durch die massive Kritik an den Nominierungen im Vorfeld dazu bemüssigt gefühlt, einfach nur etwas für das eigene, reine Gewissen zu tun.

Alibi-Oscars

Nur so kann ich mir die schlechten Scherze zum Thema People of Colour erklären, die selbst ein Neil Patrick Harris leider nicht witziger macht. Sowieso: Glaubt die Academy wirklich, dass diese Alibi-Veranstaltung irgendjemanden davon überzeugt, der Oscar wäre eine faire und vielfältige Veranstaltung? Nur, weil ein homosexueller Künstler den Abend moderiert? Na, wen das noch nicht davon überzeugt, dass die Academy total open minded ist, den kriegt sie spätestens mit dem Song von Common und John Legend. Der hat schließlich eine total tolle Message und durch die vielen POC auf der Bühne bekommt der Abend einen vielfältigen Anstrich.

Es kommt aber doch nach wie vor einer Farce gleich, dass Selma nur für den besten Song ausgezeichnet wurde, aber das habe ich ja im Januar schon geschrieben. Leider kann niemand den Oscar bekommen, der nicht auch für einen nominiert wurde. Darum kommt bei der Überprüfung meiner Prophezeiungen aus dem Oscar-Nominierungs-Aufreger leider auch nichts Überraschendes oder Neues heraus. Wie generell bei der wohl größten Marketing-Veranstaltung der Filmbranche: Überraschungen waren rar gesät. Dafür gab es jede Menge vorhersehbare Preisträger und eine superlahme Veranstaltung.

Warum?

Meiner Meinung nach liegt das an denjenigen, die bei den Oscars das Sagen haben. Die genaue Zusammensetzung der Academy bleibt aber weiterhin ein Rätsel. die Zahlen, auf die ich mich schon im Januar bezogen habe, stammen aus dem Jahr 2012. Allzu viel dürfte sich allerdings nicht verändert haben, wenn wir uns die Gewinner so ansehen. Es war kein guter Oscar-Abend für People of Colour, aber wie sieht es denn mit den Frauen aus? Ein klitzekleines bisschen besser, möchte ich meinen. Auch wenn Patricia Arquette mit ihrem sicherlich gut gemeinten Backstage-Interview einen kapitalen Bock geschossen hat. Dazu später mehr.

Vorneweg: Ich freue mich sehr für Julianne Moore, denn sie hat eine große, ehrenvolle Auszeichnung wahrlich verdient. Allerdings müssen wir uns vielleicht so langsam mal mit dem Gedanken anfreunden, dass die Oscars ihren Zenit überschritten haben. Wir brauchen einen ernst zu nehmenden, weniger durch-kommerzialisierten Filmpreis, bei dem sich die Jury-Mitglieder auch tatsächlich die Wettbewerbsfilme anschauen. Das wäre doch schon mal ein Anfang. Was natürlich nur meine bescheidene Meinung darstellt. Glücklicherweise befinde ich mich jedoch in der angenehmen Position, diese hier kundtun zu dürfen.

Zurück zu Patricia Arquette, der vermeintlichen Vorzeige-Feministin. Es verhält sich überall so: Oft ist das Gegenteil von gut 'gut gemeint'. Ich bin davor selbst nicht gefeit -wie wir alle. Trotzdem habe ich insbesondere an dem Backstage-Interview der Boyhood-Schauspielerin einiges auszusetzen. Patricia Arquettes Dankesrede war hingegen im Großen und Ganzen schwer in Ordnung: Gleichberechtigung für Frauen, insbesondere beim Gehalt. Das klingt gut, das sorgte für tosenden Beifall  und das kann jeder, der noch alle Sinne beisammen hat, auch so unterschreiben. Es sei denn, ihm oder ihr ist etwas daran gelegen, den patriarchalischen, Männer-dominierten Status Quo unserer Gesellschaft zu bewahren.

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