Black Mirror bei Netflix: Die Miley Cyrus-Folge ist ein frustrierender Alptraum

09.06.2019 - 09:30 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
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In der 5. Staffel Black Mirror findet eine Teenagerin neue Lebensfreude, während ihr Popstar-Vorbild in einen Alptraum stürzt. Neben Miley Cyrus bietet Rachel, Jack und Ashley Too vor allem viel Frust.

Bis auf wenige Ausnahmen ist das Science-Fiction-Serienuniversum von Black Mirror immer ein dystopisches. Fortschrittliche Technologien werden von dem britischen Satiriker und Serienautor Charlie Brooker stets mit einem zynischen, drastischen oder tragischen Tonfall aufgearbeitet.

Auch in Folge 3 der 5. Staffel Black Mirror mit dem deutschen Titel Rachel, Jack und Ashley Too steht lange Zeit eine düstere Stimmung an der Tagesordnung, bis in der Geschichte im letzten Drittel ein abrupter Bruch erfolgt.

Dabei wirkt es so, als wollte Brooker mit dieser Geschichte rund um einsame Teenies im Social-Media-Zeitalter, Trost spendende Roboterpuppen und Popstars zwischen öffentlichem Ruhm und privater Verzweiflung alle seine Skeptiker davon überzeugen, dass in ihm auch ein großer Komödien-Autor steckt. Das Experiment geht schief.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Black Mirror-Folge Rachel, Jack und Ashley Too:

  • Für Miley Cyrus ist Rachel, Jack und Ashley Too ein ideales Promo-Vehikel. Erst vor einer Woche veröffentlichte die Sängerin eine EP mit sechs neuen Songs. In Black Mirror darf sie wiederum Nine Inch Nail-Songs singen, die zu Pop-Ohrwürmern umgeschrieben wurden.
  • In Rachel, Jack und Ashley Too gibt es eine Referenz zu einer der beliebtesten Folgen der ganzen Serie. Ein wichtiges Krankenhaus trägt den Namen St. Juniper, während die 4. Folge der 3. Staffel San Junipero heißt.
  • Charlie Brooker hätte wohl gerne Vox Lux mit Natalie Portman als Black Mirror-Folge gedreht. Stattdessen solltet ihr lieber gleich den Film mit Natalie Portman ab Juli im Kino schauen.
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Rachel, Jack und Ashley Too: Popstar-Roboterpuppe gegen Teenie-Einsamkeit

Rachel, Jack und Ashley Too handelt von der Teenagerin Rachel (Angourie Rice), die mit ihrem Vater (Marc Menchaca) und ihrer älteren Schwester Jack (Madison Davenport) zusammenlebt. Seit dem Tod ihrer Mutter vor einigen Jahren ist aus Rachel ein einsamer Mensch geworden. In der Schule findet sie keine Freunde und die meiste Zeit verbringt sie in dem Zimmer, das sie sich mit ihrer Schwester teilt.

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Trost und Zuflucht bietet dem Mädchen dabei vor allem der Popstar Ashley O (Miley Cyrus). Deren Songs, die von typischen Pop-Themen handeln und predigen, dass man alles schaffen kann, wenn man nur an sich glaubt, sind der Anker in Rachels Leben. Auf ein ganz neues Level wird die Fan-Liebe der Teenagerin gehoben, nachdem eine neuartige Roboterpuppe ihres Idols namens Ashley Too veröffentlicht wird.

Rachel lässt sich die Mischung aus Amazons Alexa und Tamagotchi im modernen Look zum Geburtstag schenken und hat schnell eine neue beste Freundin. Ashley Too bestärkt Rachel in ihrem Auftritt und spricht ihr genug Mut zu, dass sich das Mädchen auffällig geschminkt zu einer (missglückenden) Tanz-Performance vor ihrer Schule traut.

Ihre Schwester Jack, die sowieso einen ganz anderen Musikgeschmack als Rachel hat, ist von all dem wenig begeistert und macht sich Sorgen. Die scheint immer mehr den Bezug zur Realität abseits von Star-Fantasien zu verlieren.

Rachel, Jack und Ashley Too: Depressive Stars und komatöser Song-Raub

Parallel zur Geschichte von Rachel erzählt Charlie Brooker auch die Geschichte der realen Ashley. Die wird in der Öffentlichkeit als strahlender Popstar durch Live-Gigs und Talkshow-Auftritte kutschiert. Dabei redet Ashley darüber, dass sie all ihre Songs wortwörtlich im Schlaf schreibt.

Die Realität in den eigenen vier Wänden des Stars sieht jedoch anders aus. Deprimiert und verzweifelt spielt sie immer traurigere Songs als Balladen auf dem Klavier, während sich ihre Tante und Managerin Catherine Sorgen darüber macht, dass Ashleys neue Songs keinen kommerziellen Anklang finden könnten.

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Tatsächlich steht Ashley sonst eigentlich unter dem Einfluss von Medikamenten, mit dem sie ihre Depressionen unter Kontrolle bringen soll. Als Catherine herausfindet, dass das Mädchen die Antidepressiva schon seit einer Weile heimlich abgesetzt hat, schmiedet sie einen finsteren Plan. Sie erpresst Ashley aus ihrem Vertrag mit illegalen Pillen, die sie präpariert hat.

Nach der Einnahme fällt der Popstar in ein tiefes Koma und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Der Öffentlichkeit wird vorgetäuscht, dass sie einen allergischen Schock erlitten hat. Um die Geldmaschine weiter am Laufen zu halten, entnimmt Catherine Ashleys komatöse Song-Ideen mit einer speziellen Technologie. Die Gesangsspuren erstellt sie wiederum mit den Sprachaufnahmen, die für die Ashley Too-Roboterpuppen angefertigt wurden.

In Black Mirror setzt Miley Cyrus zum Meta-Auftritt an

Bis hierhin ist es überdeutlich, dass die 3. Folge der 5. Staffel Black Mirror auch als Meta-Kommentar zur Karriere von Miley Cyrus angelegt ist. Bei ihrer Rolle als Popstar Ashley, die in Malibu lebt und von einem Teil ihrer Familie gemanaged wird, wird der Zuschauer immer wieder an Cyrus erinnert. Wie Ashley lebt auch sie in Malibu und wird stark von ihrer eigenen Musiker-Familie beeinflusst.

Für die Darstellung des Popstars, der zu jung zu viel Bekanntheit erlangt und in eine Abwärtsspirale gerät, braucht es dabei gar keine Black Mirror-Folge. Dafür reicht schon ein Blick auf die extreme Wandlung von Miley Cyrus.

Als braves Disney-Postergirl Hannah Montana gelang ihr der Durchbruch, wonach sie sich zum skandalösen Popstar mit Kurzhaarfrisur, wenig Bekleidung und sexuell offensiven Gesten wandelte. Für ihr letztes Album Younger Now kehrte sie dann plötzlich wieder zum harmonischen und überraschend braven Nashville-Sound zurück, der ihr vom Country-Vater Billy Ray Cyrus in die Wiege gelegt wurde.

Rachel, Jack und Ashley Too: Vom düsteren Drama zur flippigen Komödie

6 Monate, nachdem Ashley ins Koma versetzt wurde, vollzieht die 3. Black Mirror-Folge von Staffel 5 einen radikalen Bruch. Während Catherine den finalen Schritt ihres Plans verfolgt, bei dem sie die lebenserhaltenden Maschinen des Popstars abstellen will und Ashley durch ein Hologramm ersetzt, entdecken Rachel und Jack eine ganz neue Seite von Ashley Too.

Durch das versehentliche Entfernen einer kleinen Vorrichtung wird Ashleys komplette, ungefilterte Persönlichkeit als digitales Abbild im Inneren der Roboterpuppe freigeschaltet. Zusammen mit der kräftig fluchenden, ungebremsten Ashley Too begeben sich Rachel und Jack auf eine Rettungsmission, um die reale Ashley aus ihrem Koma zu befreien.

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Nachdem es ihnen gelungen ist, den Bodyguard der komatösen Ashley zu überwältigen, hat es zunächst den Anschein, als wollte Ashley Too die reale Ashley ebenfalls töten. Nach dem Abstellen der Maschinen erwacht diese jedoch aus dem Koma. Gemeinsam begibt sich das Trio zu der Veranstaltung, bei der Catherine das Hologramm Ashley Eternal vorstellt, wo sie die überraschte Managerin konfrontieren. Mit einem Live-Auftritt von Ashley und Jack als Musikerinnen endet Rachel, Jack und Ashley Too.

Black Mirror: Altbackene Gesellschaftskritik und unpassende Genre-Wechsel

An Rachel, Jack und Ashley Too zeigt sich wieder einmal, dass die Qualität von Black Mirror entscheidend davon abhängt, wie zeitgemäß die satirisch aufgegriffenen Konzepte der jeweiligen Folgen sind. Die letzte Folge der 5. Staffel bietet kaum mehr als das unzählige Male behandelte Verhältnis zwischen Fans und Künstlern, das durch gegenseitige Abhängigkeit toxische Ausmaße annehmen kann.

Oberflächlich hangelt sich die Geschichte von Rachel, Jack und Ashley Too an Themen wie der Vereinsamung und Isolation im Social-Media-Zeitalter, dem Verhältnis zwischen Künstler und Privatperson sowie den Schattenseiten der Musikindustrie entlang.

Wenn die Folge im letzten Drittel schließlich zur spaßigen Buddy-Komödie verkommt, die so gar nicht zum zuvor düsteren Tonfall passen will, entpuppt sich der große Abschluss der 5. Staffel Black Mirror als noch größere Enttäuschung.

Zitat der Folge: “She’s Ashley O, not Leonard fucking Cohen” (Catherine)

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