Abel Ferraras öder Weltuntergang geht in Venedig unter

08.09.2011 - 09:15 Uhr
Willem Dafoe und Shanyn Leigh erwarten den sicheren Weltuntergang
Fabula
Willem Dafoe und Shanyn Leigh erwarten den sicheren Weltuntergang
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In The Day on Earth lässt Regisseur Abel Ferrara still und leise die Welt untergehen. Das hat beim Filmfestival in Venedig nicht alle Kritiker überzeugen können.

Es ist noch nicht genug der düsteren Filme auf dem diesjährigen Filmfestival Venedig. Gestern berichteten wir von der ungewöhnlich dunklen Verfilmung des Romans Sturmhöhe unter dem Originaltitel Sturmhöhe. Und heute geht in 4:44 Last Day on Earth von Abel Ferrara die Welt unter.

Hierbei handelt es sich nicht um ein actionreiches Spektakel, in dem mit Hilfe von ausgeklügelten Spezialeffekten internationale Wahrzeichen in die Luft gesprengt werden. Vielmehr inszeniert Abel Ferrara ein Kammerspiel, in dem Willem Dafoe und Shanyn Leigh die letzten Stunden bis zum sicheren Weltuntergang um 4:44 Uhr morgens in ihrem New Yorker Apartment verbringen. Sie essen, schlafen, streiten und vögeln – wie sonst auch, aber nun zum letzten Mal. Willem Dafoe kommentiert das reduzierte Szenario folgender Maßen: „Es beschäftigt sich mit sehr elementaren, philosophischen Fragen, die aber auf praktische Weise umsetzt werden. Was würdet ihr also tun? Ihr würdet euch verabschieden, ihr würdet versuchen, alles vorzubereiten, ihr würdet versuchen, einander Trost zu spenden und eine Strategie zu entwickeln, einander Lebewohl zu sagen.“

Eine Erklärung für den Weltuntergang wird nur angedeutet. Von einer Auflösung der Ozonschicht ist die Rede und Al Gore selbst darf eine kurze Rede an die Nation halten. In jedem Fall ist es der Mensch, der schuld ist und nicht eine externe Kraft, wie z.B. ein Meteor.

Das größte Problem von 4:44 Last Day on Earth scheint zu sein, dass der Film eine auffällige Nähe zu Melancholia von Lars von Trier aufweist, an diesen aber nicht heranzureichen vermag. Und so werden Vergleiche zwischen den Filmen gezogen, die für das Werk von Abel Ferrara selten positiv ausfallen. „Wer am Ende den Big Bang erwartet, wird, wie bei von Trier, enttäuscht. Das große Drama, das von Triers Melancholia bietet, bleibt indes ebenfalls aus.“ schreibt Peter Zander (Die Welt) über 4:44 Last Day on Earth. Auch Barbara Schweizerhof vom Hamburger Abendblatt stellt fest, dass der Regisseur „mit seinem Film ganz im Trend des diesjährigen Festivaljahrgangs“ liegt. „Angesichts der Katastrophen um ihn herum wendet sich die Sicht des Menschen nach innen.“ ergänzt die Kritikerin und bleibt dabei in ihrem Urteil sehr neutral.

Die Gesamturteile der Kritiker jedoch fallen recht negativ aus. Christiane Peitz vom Tagesspiegel urteilt über das Kammerspiel, es versammele nur „läppische Altmänner-Fantasien“. Zudem unterstellt sie der gelassenen Stimmung von 4:44 Last Day on Earth „eine fast aggressive Ignoranz gegenüber der Lebenswirklichkeit anderer“. Peter Zander kritisiert hingegen die schauspielerische Leistung und die Besetzung: „Willem Dafoe spielt deutlich das Alter Ego Ferraras, Shanyn Leigh ist ihm darstellerisch nicht ebenbürtig, aber Ferraras Lebensgefährtin.“

In Amerika kam darüber hinaus der Auftritt von Al Gore nicht nur positiv an. John Nolte (Big Hollywood) missfällt die „Ich hab’s euch doch gesagt“-Haltung, die der Politiker in 4:44 Last Day on Earth ausstrahlt. Sicher vertritt Nolte den konservativen Teil der amerikanischen Bevölkerung. Nichtsdestotrotz hat Abel Ferrara seinen Film durch den Auftritt des ehemaligen Vizepräsidenten politisiert. Das könnte in Hinsicht auf das amerikanische Publikum problematisch werden. Bislang gibt es aber weder einen amerikanischen noch einen deutschen Starttermin für 4:44 Last Day on Earth.

Wie gefällt euch denn diese ruhige Umsetzung der Weltuntergangsthematik?

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