7 Fragen an Ines W.

10.01.2016 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile
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Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile
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2016 ist da und der moviepilot-Fragebogen ist zurück, mit deutschen Klassikern, DEFA-Meisterwerken, warum True Blood besser ist als True Detective - und wie Wild at Heart ein Leben verändert hat!

Eigentlich beenden wir das alte Jahr immer mit 7 Antworten auf 7 Fragen aus dem Büro - dieses Mal fangen wir das neue mit einem solchen an, und haben unsere Chefredakteurin Ines W. ausgequetscht! Ab nächsten Sonntag geht es weiter mit euren Antworten, denn ein paar stehen bereits in den Startlöchern.

Ihr wollt auch mal unseren Fragebogen beantworten? Na dann ran da: Den brandneuen Fragebogen findet ihr hier! Wenn ihr 7 Fragen ausgesucht habt, die euch besonders ansprechen (oder die ihr im früheren Fragebogen noch nicht beantwortet habt), schickt die Antworten einfach an Kängufant! Frohes neues Jahr euch allen!

Pack den Ledersessel und die Regalwand aus: Was ist Film für dich? Kunst und Anspruch oder seichte Unterhaltung? Oder beides?

Alles zusammen, mal so, mal so. Das ist ja gerade das Schöne an der Kunstform: Mal kann ich mich nur unterhalten lassen, ohne meinen Kopf anzustrengen, mal ist alles aufgrund der Bilder und/oder Geschichte derart emotional aufgeladen, dass es in meinem Körper kribbelt, mal höre ich nicht auf zu denken und ein Film beschäftigt mich Tage. Je mehr ein Film es schafft, die verschiedensten Seiten anzusprechen, desto mehr liebe ich ihn.

Das Buffet ist eröffnet: Story? Tiefgang? Schauspiel? Optik? Spannung? Was davon ist dir am wichtigsten? Oder etwas ganz anderes?

Auch hier gilt: Alles kann. Ich liebe Geschichten, die unvorhersehbar sind, in denen etwas passiert, was ich so noch nicht gesehen habe. Es können kleine Details der Story, der Optik, des Tons etc. sein, und schon hat mich ein Film. Hier trifft die Kurzfassung von Aristoteles voll meinen Geschmack: "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile."

Goldene Zeitalter: Magst du ältere Filme oder nur Aktuelles? Gibt es ein Jahrzehnt oder eine bestimmte Zeit, die du in filmischer Hinsicht ganz besonders magst?

Ich mag ältere Filme nicht nur, ich brauche sie sogar. Wie heißt es so schön: Aus der Geschichte lernen, heißt siegen lernen. Ich liebe einige deutsche Stummfilme (etwa Der Student von Prag, Der müde Tod, Die Büchse der Pandora), den Film Noir finde ich richtig spannend (zum Beispiel Gilda, Engelsgesicht, Goldenes Gift), manche DEFA-Filme der 1950er und 1960er Jahre sind echte Entdeckungen (wie Sterne , Berlin - Ecke Schönhauser, Das Kaninchen bin ich), die russischen Formalisten und dann einige Regisseure - Alfred Hitchcock, F.W. Murnau, John Ford, Sam Peckinpah, Fritz Lang, Billy Wilder, Otto Preminger, Andrej Tarkowski, Konrad Wolf ... Geschichte/n ohne Ende. Ich merke gerade an den Namen: doch klassischer als ich selbst erwartete.

Ich hab mich einige Zeit theoretisch mit Film im Nationalsozialismus beschäftigt, kenne die Propaganda-Streifen einer Leni Riefenstahl sowie eines Veit Harlan. Sich mit Filmgeschichte auseinanderzusetzen, heißt für mich auch immer, Zeitgeschichte im Blick zu haben, sich auf Persönlichkeiten, Stilrichtungen, Befindlichkeiten etc. von damals einzustellen, die gerade auch beim deutschen Film immer noch eine Rolle spielen. Phoenix von Christian Petzold ist deshalb ein so wunderbarer Film, weil er sich zum einen aus der Geschichte bedient, aber sie auch neu schreibt. Für Quentin Tarantino und Inglourious Basterds gilt das gleiche. Ich gucke natürlich auch viel Aktuelles, aber es an Älterem zu spiegeln, macht richtig Spaß, sogar bei den ganzen Superhelden.

Da geht mehr als Jodeln: Was ist dein liebster deutschsprachiger Film? Oder gibt es einen Film, der dich letzten Endes doch noch davon überzeugt hat, dass es hier mehr gibt als Schmachtfetzenverfilmungen und Wildbäche, die durch Höschen rauschen?

Es gibt viele gute deutsche Filme. Einer der größten ist für mich M - Eine Stadt sucht einen Mörder. Was Fritz Lang hier in seinem ersten Tonfilm mit eben diesem Ton macht, mit der Parallelmontage, mit der Spannung ... genial. Ich mag die Filme von Konrad Wolf und Frank Beyer, leider ist die ostdeutsche Filmkultur so gut wie gar nicht im wiedervereinigten Deutschland angekommen. Schade.

Viele sagen: Früher war alles besser, aber ich glaube, es war nur anders. Christian Petzold, Andreas Dresen, Tom Tykwer, Christoph Hochhäusler, Sebastian Schipper etc. machen heute mehr als interessante Filme. Manchmal wünsche ich mir allerdings mehr Mut. Außerdem bin ich kein Fan von diesem Fördertöpfe-Einerlei, mit den Redakteuren des Fernsehens gleich am Tisch daneben, die die Kreativität schon im Keim ersticken.

Mit welchem Genre oder welcher Filmgattung kannst du überhaupt nichts anfangen?

Horror, Splatter, Exploitation ... das ist nicht mein Zeug. Schenkel-Klopf-Komödien auch nicht. Die gehen komplett an mir vorbei.

Welcher Film hat dein Leben verändert? Was war danach nie wieder so wie vorher?

Es war die Zigarette in Wild at Heart. Ohne diesen Film hätte ich heute kein volles DVD-Regal und wäre wahrscheinlich nicht bei moviepilot. In einem Text zum 65. Geburtstag von David Lynch habe ich erklärt, warum das so ist, und besser kann ich es einfach nicht beschreiben.

Guilty Pleasure - welchen unterirdischen Film/welche unterirdische Serie findest du insgeheim toll? Beichte, Sünder! Und vielleicht kannst du uns überzeugen...

Am Redaktionsstisch musste ich so einiges aushalten, weil ich True Blood besser fand als True Detective. Während die Vampirserie mit realen Feindbildern vom Anderen als Metatext mit viel Witz bei mir gepunktet hat (zumindest bei Staffel 1 bis 3), war die 1. Staffel der Crime-Story für mich eine philosophische Blase, die beim Anpicken verpuffte, und viel heiße Luft zurückließ. Aber wer bei uns am Tisch sitzt, muss eh seinen filmischen Geschmack bzw. seine Argumente immer wieder auf den Prüfstand stellen. Ich lerne ständig dazu und versuche, mein Filmwissen weiterzureichen. Praktikanten lernen bei uns schnell, dass es deutlich, deutlich mehr gibt als Christopher Nolan und Quentin Tarantino. Ich lerne von ihnen, wie eine jüngere Generation alte und aktuelle Filme sieht. Das finde ich sehr anregend.

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